6B_632/2009: Gesamtstrafenbildung

Die bun­des­gerichtliche Recht­sprechung zur Bil­dung ein­er Gesamt­strafe (vgl. BGE 134 IV 241 sowie Urteile 6B_242/2008 vom 24. Sep­tem­ber 2008 E. 2.2.7 und 6B_600/2008 vom 3. Feb­ru­ar 2009 E. 3.3) wurde kür­zlich mit Urteil 6B_632/2009 vom 26. Okto­ber 2009 erneut bestätigt. Danach ist das Ver­fahren gemäss Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB fakul­ta­tiv, was mit dem Wort­laut der Bes­tim­mung zu begrün­den sei.

Die Vorin­stanz hat­te erwogen, dass sich bei ein­er Gesamt­strafen­bil­dung in Anwen­dung des Asper­a­tionsprinzips im Ergeb­nis eine ins­ge­samt gerin­gere Straf­dauer ergäbe als bei Wider­ruf des bed­ingten Teils der Strafe und Aus­fäl­lung ein­er neuen, sep­a­rat­en Strafe.

1.2 […] Es beste­he jedoch kein Anlass, einen mit­tels Anset­zung ein­er Probezeit gewarn­ten Täter zu belohnen, wenn er sich in dieser Zeitspanne nicht wohl ver­halte. Daran würde auch nichts ändern, wenn die Tat­sache des Rück­falls strafer­höhend in die Gesamt­strafen­bil­dung ein­flösse, würde dies doch höch­stens zu ein­er Neu­tral­isierung der sich auf­grund des Asper­a­tionsprinzips ergeben­den Straf­senkung führen […]. 

Unter Beru­fung auf BGE 134 IV 241 stützt das Bun­des­gericht diese Argumentation:

1.3 […] In BGE 134 IV 241 hat sich das Bun­des­gericht aus­führlich mit dieser Bes­tim­mung auseinan­derge­set­zt und erwogen, soweit Art. 46 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 49 StGB zum Aus­druck brin­gen sollte, dass das Gericht für die Gegen­stand der früheren Verurteilung bilden­den Straftat­en ein­er­seits und die während der Probezeit began­genen neuen Straftat­en ander­er­seits eine Gesamt­strafe nach dem Asper­a­tionsprinzip bilden könne, wie wenn es alle Straftat­en gle­ichzeit­ig zu beurteilen hätte, erscheine dies als wenig sachgerecht. Der Fall, dass ein Täter nach ein­er recht­skräfti­gen Verurteilung zu ein­er bed­ingten Frei­heitsstrafe während der Probezeit weit­ere Delik­te verübe, unter­schei­de sich wesentlich vom Fall eines Täters, der sämtliche Tat­en began­gen habe, bevor er wegen dieser Tat­en (siehe Art. 49 Abs. 1 StGB) bzw. zumin­d­est wegen eines Teils dieser Tat­en (vgl. Art. 49 Abs. 2 StGB betr­e­f­fend die ret­ro­spek­tive Konkur­renz) verurteilt wor­den sei. Eine Gle­ich­stel­lung dieser Fälle bei der Strafzumes­sung erscheine als sach­fremd, weil damit der strafer­höhend zu wer­tende Umstand, dass der Täter einen Teil der Tat­en während der Probezeit nach ein­er recht­skräfti­gen Verurteilung zu ein­er bed­ingten Strafe began­gen habe, bei der Strafzumes­sung zu Unrecht unberück­sichtigt bliebe (E. 4.3). Das Ver­fahren nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sei nach dem klaren Wort­laut der Bes­tim­mung („… kann …“) fakul­ta­tiv. Es finde einzig Anwen­dung, wenn die bed­ingte Vorstrafe und die neue Strafe nicht gle­ichar­tig seien und daher das Gericht die Art der Vorstrafe ändere (E. 4.4).

1.4 […] Das Ver­fahren nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 ist gemäss dem Wort­laut der Bes­tim­mung fakul­ta­tiv, und eine Gesamt­strafen­bil­dung erscheint nicht sachgerecht, da eine solche – wie die Vorin­stanz zutr­e­f­fend betont hat – im Ergeb­nis zu ein­er frag­würdi­gen Besser­stel­lung des in der Probezeit delin­quieren­den Täters führen würde. Das Abse­hen von der Bil­dung ein­er Gesamt­strafe im ange­focht­e­nen Urteil ver­let­zt damit zusam­men­fassend kein Bundesrecht.