5D_124/2016: keine Ansetzung einer Nachfrist gemäss Art. 132 ZPO bei bewussten Unterlassungen

Im vor­liegen­den Urteil äusserte sich das Bun­des­gericht zur Anwen­dung von Art. 132 ZPO und Art. 108 ZPO. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde (Bst. A):

Das BG Hor­gen hat­te in ein­er gegen A.A. laufend­en Betrei­bung defin­i­tive Recht­söff­nung erteilt. Das Urteil war in unbe­grün­de­ter Form ergan­gen mit dem Hin­weis, dass die Parteien innert zehn Tagen eine Begrün­dung ver­lan­gen müssten, wenn sie eine Beschw­erde erheben woll­ten. In der Folge ver­langte B.A. — allerd­ings ohne eine Voll­macht beizule­gen — für A.A. eine Begrün­dung. Das Bezirks­gericht trat auf diesen Antrag nicht ein und aufer­legte B.A. die Spruchge­bühr. Gegen diesen Entscheid gelangten A.A. und B.A. ans Oberg­ericht und macht­en u.a. gel­tend, dass das Bezirks­gericht zuerst eine Nach­frist im Sinne von Art. 132 ZPO hätte anset­zen müssen.

Das Bun­des­gericht erwog, dass gemäss Art. 132 Abs. 1 ZPO Män­gel wie fehlende Unter­schrift und fehlende Voll­macht innert ein­er gerichtlichen Nach­frist zu verbessern seien, andern­falls die Eingabe als nicht erfol­gt gelte. Das Oberg­ericht habe jedoch willkür­frei annehmen dür­fen, dass die Anset­zung ein­er Nach­frist voraus­set­zt, dass der Man­gel auf ein Verse­hen und nicht auf ein bewusst unzuläs­siges Vorge­hen zurück­zuführen ist, obwohl das Gesetz nicht expliz­it zwis­chen beab­sichtigten und unbe­ab­sichtigten Unter­las­sun­gen unter­schei­de. Von der Nach­fris­tanset­zung ausgenom­men seien somit Fälle des offen­sichtlichen Rechtsmissbrauchs.

Da im vor­liegen­den Fall fest­stand, dass A.A. und B.A. dem Gesuch um schriftliche Begrün­dung des Recht­söff­nungsentschei­ds absichtlich keine Voll­macht beigelegt hat­ten, obwohl sie um deren Notwendigkeit wussten, und da die Beschw­erde­führer sog­ar einge­s­tanden hat­ten, dass der For­m­man­gel frei­willig her­beige­führt wor­den war, um eine Nach­frist zu erwirken, wurde dieses Vorge­hen als rechtsmiss­bräuch­lich qual­i­fiziert (E. 2.2).

Die Beschw­erde­führer wehrten sich fern­er gegen die Koste­nau­flage an B.A. Hierzu erwog das Bun­des­gericht, dass unnötige Prozesskosten zu bezahlen habe, wer sie verur­sacht hat (Art. 108 ZPO). „Da [B.A.] als (behaupteter) Vertreter im Sinne von Art. 68 Abs. 1 ZPO bewusst eine mit einem prozes­sualen Man­gel behaftete Eingabe ein­gere­icht hat, muss er sich jeden­falls ein vor­w­erf­bares Ver­hal­ten zurech­nen lassen; die unnöti­gen Kosten sind als­dann kausal auf sein ohne Beilage der notwendi­gen Voll­macht gestelltes Begrün­dungs­begehren zurück­zuführen.“. Es war daher nicht willkür­lich, wenn das Oberg­ericht die erstin­stan­zliche Kosten­ver­legung schützte (E. 3.2).