5A_124/2016: Sicherungsmassnahmen nach Art. 99 SchKG (amtl. Publ., frz.)

Im vor­liegen­den Urteil hat­te sich das Bun­des­gericht mit der Frage zu befassen, ob Sicherungs­mass­nah­men gemäss Art. 99 SchKG ein­er Stel­lung­nahme oder ein­er Ver­fü­gung gle­ichzuset­zen sind. Dem Urteil lag fol­gen­der Sachver­halt zugrunde:

A war vom Arbeits­gericht Genf verurteilt wor­den, dem B einen Betrag aus Arbeitsver­trag zu bezahlen. In der Folge erhielt A vom Betrei­bungsamt einen Zahlungs­be­fehl und erhob keinen Rechtsvorschlag. B beantragte daraufhin die Fort­set­zung der Betrei­bung auf dem Weg der Pfän­dung, namentlich der Guthaben von A bei der Bank C. Dies wurde jedoch vom Betrei­bungsamt zurück­gewiesen, der Zahlungs­be­fehl aufge­hoben. B erhob gegen diesen Entscheid Beschw­erde bei der Auf­sichts­be­hörde, welche die Beschw­erde guthiess und bestätigte, dass A sich nicht auf Immu­nität vor der Gerichts­barkeit berufen könne. In der Folge sandte das Betrei­bungsamt am 18. August 2015 ein Schreiben an die Bank C und informierte diese, dass die Bank das Ver­mö­gen von A bei der Bank C nur noch an das Betrei­bungsamt rechts­gültig auszahlen könne (Art. 99 SchKG). Nach eini­gen Briefwech­seln zwis­chen den Parteien, worin A u.a. diplo­ma­tis­che Immu­nität gel­tend machte, bestätigt das Betrei­bungsamt am 30. Sep­tem­ber 2015 seinen Entscheid vom 18. August 2015, weil das Ver­mö­gen bei der Bank nicht klar­erweise öffentlichen Zweck­en diene und fol­glich keine Immu­nität beanspruchen könne.

Das Bun­des­gericht hat­te auf Beschw­erde hin zu prüfen, ob es sich beim Schreiben vom 18. August 2015 um eine blosse Stel­lung­nahme der Behörde oder um eine Ver­fü­gung han­delte. Das Bun­des­gericht erläuterte zuerst, dass zum Schutze der Gläu­biger­in­ter­essen und wenn es die Umstände erfordern, eine Sicherungs­mass­nahme ange­ord­net wer­den kann, gemäss welch­er sämtliche Guthaben des Schuld­ners bei einem Drit­ten ges­per­rt wer­den dür­fen. Obwohl es im Gesetz nicht eigens vorge­se­hen ist, kön­nen vor­sor­gliche Mass­nah­men zur Vor­bere­itung der eigentlichen Pfän­dung ange­ord­net wer­den (E. 2). Dies­bezüglich entsch­ied das Bun­des­gericht, dass es sich beim Schreiben des Betrei­bungsamtes an die Bank nicht um eine blosse Stel­lung­nahme oder um eine all­ge­meine Erk­lärung han­delte, son­dern um eine Sicherungs­mass­nahme und dem­nach um eine Ver­fü­gung im Sinne von Art. 17 SchKG, auch wenn das Schreiben nicht mit ein­er Rechtsmit­tel­belehrung verse­hen war (E. 3).

Das Bun­des­gericht konkretisierte weit­er, dass es sich beim Entscheid vom 30. Sep­tem­ber 2015, die pro­vi­sorische Sicherungs­mass­nahme weit­erzuführen, nicht um eine neue, unab­hängige Entschei­dung han­delte. Fol­glich kon­nte die Frage der Immu­nität in dieser Hin­sicht nicht als neuer Umstand gel­tend gemacht wer­den, weil die Behörde schon vorher gewusst hat­te, dass es sich beim Schuld­ner um einen aus­ländis­chen Staat han­delte. Der Entscheid des Betrei­bungsamtes von 30. Sep­tem­ber 2015 sei als blosse Bestä­ti­gung der Ver­fü­gung vom 18. August 2015 zu betra­cht­en. Gegen blosse Bestä­ti­gun­gen ein­er vor­ange­hen­den Ver­fü­gung kann indessen keine Beschw­erde geführt wer­den (E. 3.2).