2C_6/2016: Architekturleistungen mit Honorarsumme von Fr. 300’000.– / Aargauische Pensionskasse hätte Auftrag öffentlich ausschreiben müssen (amtl. Publ.)

Im zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid vom 18. Juli 2016 befasste sich das BGer mit der Frage, ob die Aar­gauis­che Pen­sion­skasse (APK) bei der Ver­gabe von Unter­halt­sar­beit­en an Liegen­schaften ihres Anlagev­er­mö­gens an das kan­tonale Ver­gaberecht gebun­den ist. Konkret ging es um einen Ver­trag für Architek­turleis­tun­gen mit ein­er Hon­o­rar­summe von Fr. 300’000.–, welch­er von der APK ohne öffentliche Auss­chrei­bung abgeschlossen wurde. Nach­dem das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Aar­gau entsch­ieden hat­te, dass das Geschäft öffentlich hätte aus­geschrieben wer­den müssen, gelangte die APK an das BGer, welch­es die Beschw­erde abweist.

Zunächst prüft das BGer, ob sich die Unter­stel­lung der APK unter das Ver­gaberecht bere­its aus dem Staatsver­tragsrecht ergibt. Ein­schlägig ist das Übereinkom­men über das öffentliche Beschaf­fungswe­sen (Gov­ern­ment Pro­cure­ment Agree­ment der WTO [WTO-GPA]; SR 0.632.231.422) wonach Ein­rich­tun­gen des öffentlichen Rechts u.a. dann in den Anwen­dungs­bere­ich des Übereinkom­mens fall­en, wenn sie entwed­er mehrheitlich öffentlich finanziert wer­den, öffentlich­er Ein­fluss auf die Geschäfts­führung genom­men wird oder das Leitung­sor­gan mehrheitlich öffentlich bes­timmt wird. Da, so das BGer, keine dieser Voraus­set­zun­gen erfüllt sei, falle die APK nicht in den Anwen­dungs­bere­ich des WTO-GPA. Indessen habe die Vorin­stanz laut BGer willkür­frei entsch­ieden, dass die APK von § 5 Abs. 1 lit. a des Sub­mis­sions­dekrets des Kan­tons Aar­gau (Sub­mD, SAR 150.910) erfasst werde und die stre­it­be­trof­fe­nen Aufträge dem kan­tonalen Ver­gaberecht unterstünden.

Sodann hält das BGer fest, dass der Grund­satz der deroga­torischen Kraft des Bun­desrechts (Art. 49 BV) durch den Umstand, dass das kan­tonale Recht öffentlich-rechtliche Vor­sorgeein­rich­tun­gen dem Ver­gaberecht unter­stellt, nicht ver­let­zt werde:

[D]as Berufsvor­sorg­erecht und das Ver­gaberecht [ver­fol­gen] nicht die gle­ichen Ziele bzw. Regelungs­ge­gen­stände. Der Haupt­fokus des Berufsvor­sorg­erechts liegt auf der Sicher­heit und dem hin­re­ichen­den Ertrag der Ver­mö­gen­san­la­gen (Art. 71 BVG), der­jenige des Ver­gaberechts auf der wirtschaftlichen und diskri­m­inierungs­freien Auf­tragsver­gabe […]. Die bei­den Zielset­zun­gen kor­re­lieren teil­weise, aber nicht voll­ständig. Vor allem gehört zu den Zielset­zun­gen des Ver­gaberechts auch, dass nicht berück­sichtigte Mit­be­wer­ber die Möglichkeit haben, die Auf­tragsver­gabe anzufecht­en (Art. XX GPA; Art. 9 BGBM; Art. 15 ff. IVöB). Sodann enthält das Ver­gaberecht weit­ere Grund­sätze, die bei der Auf­tragserteilung einzuhal­ten sind (Art. 11 ff. IVöB), aber nichts mit ein­er sicheren und ertragsstarken Ver­mö­genslage zu tun haben. Das Ver­gaberecht hat daher zumin­d­est teil­weise einen anderen Regelungs­ge­gen­stand als das Berufsvor­sorg­erecht und bleibt neben diesem anwend­bar, jeden­falls solange es dessen Sinn und Zweck nicht vere­it­elt oder über Gebühr erschw­ert […] (E. 5.4.3.). 

Schliesslich sei auch keine Ver­let­zung der Wirtschafts­frei­heit (Art. 27 BV; Gle­ich­be­hand­lung der Konkur­renten) ersichtlich, da die APK ihre Tätigkeit nicht unter Wet­tbe­werb­s­be­din­gun­gen erbringe und deshalb nicht den gle­ichen Regeln wie die Konkur­renten unter­stellt sei.