4A_422/2015: Das Schiedsgericht verletzt den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, wenn es im Rahmen eines Abschreibungsbeschlusses einen Entscheid über die Verteilung der Verfahrenskosten fällt, ohne die Parteien vorgängig zur Kostenverteilung anzuhören (amtl. Publ.)

Im Entscheid 4A_422/2015 vom 16. März 2016 befasste sich das Bun­des­gericht mit ver­schiede­nen Fra­gen, die aus dem Verzicht ein­er Partei auf ein Schiedsver­fahren nach Art. 378 Abs. 2 ZPO resultierten. 

Sowohl die Klägerin­nen als auch die Beklagten leis­teten in einem ad hoc Schiedsver­fahren den ersten Kosten­vorschuss. Den zweit­en Kosten­vorschuss leis­teten nur die Klägerin­nen. Gestützt auf Art. 378 Abs. 2 ZPO räumte das Schieds­gericht den Klägerin­nen Frist ein, entwed­er den Anteil der Beklagten vorzuschiessen oder zu erk­lären, dass sie auf das Schiedsver­fahren verzicht­en wür­den. Die Klägerin­nen verzichteten daraufhin auf das Schiedsver­fahren. Das Schieds­gericht erk­lärte das Ver­fahren für been­det und aufer­legte die Ver­fahren­skosten je hälftig auf die Klage- und Beklagten­partei. Die Beklagten erhoben Beschw­erde gegen die Kostenauferlegung.

Das Bun­des­gericht erk­lärte zunächst, dass es sich beim Entscheid, mit dem das Schiedsver­fahren nach Art. 378 Abs. 2 ZPO für been­det erk­lärt wird, um einen Abschrei­bungs­beschluss han­delt (und nicht wie ein Teil der Lehre argu­men­tiert um einen Nichtein­tretensentscheid), wobei der im Abschrei­bungs­beschluss enthal­tene Entscheid über die Koste­naufer­legung einen Endentscheid darstellt.

Das Bun­des­gericht liess in einem näch­sten Schritt die Frage offen, ob in der inter­nen und inter­na­tionalen Schieds­gerichts­barkeit eine Beschw­erde nur dann zuläs­sig sein soll, wenn die Stre­itwert­gren­ze von Art. 74 Abs. 1 BGG erre­icht wird. Das Bun­des­gericht rief in Erin­nerung, dass sich der Stre­itwert vor Bun­des­gericht nach den Begehren bes­timmt, die vor der Vorin­stanz stre­it­ig geblieben sind. Vor­liegend gab es nur eine Instanz und vor dieser waren Begehren stre­it­ig, die die Stre­itwert­gren­ze von Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG deut­lich überschritten.

Das Bun­des­gericht erk­lärte schliesslich, dass nach dem Grund­satz des rechtlichen Gehörs das Schieds­gericht den Parteien die Gele­gen­heit ein­räu­men muss, sich zur Kosten­verteilung im Abschrei­bungs­beschluss zu äussern. Angesichts der formellen Natur des Anspruchs auf rechtlich­es Gehör führt die Ver­let­zung dieses Anspruchs zur Aufhe­bung des ange­focht­e­nen Schiedsspruchs.

Vor­liegend hat­te das Schieds­gericht den Entscheid über die Koste­naufer­legung gefällt, ohne den Parteien vor­ab die Gele­gen­heit einzuräu­men, sich zur Koste­naufer­legung zu äussern. Nach­dem die Klägerin­nen den Verzicht auf das Schiedsver­fahren erk­lärt hat­ten, durften die Beklagten gemäss Bun­des­gericht erwarten, dass das Schieds­gericht ihnen formell Frist anset­zen würde, während der sich die Beklagten zur Koste­naufer­legung hät­ten äussern kön­nen. Stattdessen fällte das Schieds­gericht drei Wochen nach Erhalt der Verzicht­serk­lärung den Entscheid, ohne vor­ab Kon­takt mit den Parteien aufzunehmen. Damit hat­te das Schieds­gericht den Anspruch auf rechtlich­es Gehör ver­let­zt. Infolge der formellen Natur dieses Anspruchs hob das Bun­des­gericht den Schiedsspruch auf.