5A_159/2015: Widerspruchsverfahren nach Art. 108 SchKG mit relevanten Ausführungen zu Art. 193 ZGB und Art. 71 StGB (amtl. Publ.)

Im vor­liegen­den Urteil des Bun­des­gerichts ging es „um ver­schiedene Rechts­fra­gen im Schnittstel­len­bere­ich zwis­chen Straf (prozess) recht, Güter­recht und Zwangsvoll­streck­ungsrecht.“ (E. 4). Im Rah­men eines Wider­spruchsver­fahrens nach Art. 108 SchKG musste sich das Bun­des­gericht zu bes­timmten Aspek­ten von Art. 193 ZGB und Art. 71 StGB äussern.

Ker­naus­sagen des Urteils sind:

  • Entste­hungszeit­punkt ein­er Ersatz­forderung im Sinne von Art. 71 StGB: Die Ersatz­forderung wird nicht bere­its durch die Straftat­en geschaf­fen, son­dern durch das gerichtliche Urteil kon­sti­tu­iert. Dies folge u.a. aus dem Wort­laut von Art. 71 Abs. 1 StGB, wonach das Gericht auf die Ersatz­forderung “erken­nt” (E. 4.1). (Zwar anerkan­nte die II. zivil­rechtliche Abteilung des Bun­des­gerichts, dass diese Frage primär in die Zuständigkeit der strafrechtlichen Abteilung fall­en würde; da vor­liegend jedoch „für das Endresul­tat nicht von auss­chlaggeben­der Bedeu­tung“, wurde auf einen Mei­n­ungsaus­tausch mit der strafrechtlichen Abteilung verzichtet.) 
  • Anwen­dungs­bere­ich von Art. 193 ZGB: Unter den Begriff der “güter­rechtlichen Auseinan­der­set­zun­gen” im Sinne von Art. 193 ZGB fällt „jedes zwis­chen den Ehe­gat­ten geschlossene Rechts­geschäft, mit welchem ein spez­i­fisch aus dem Güter­recht fliessender Anspruch erfüllt wer­den soll“. Dazu gehören ins­beson­dere die Tilgung von Ersatz- und Vorschlags­forderun­gen bzw. Zuwen­dun­gen auf Anrech­nung an den kün­fti­gen Vorschlagsan­teil. Die Tilgung von Unter­haltsforderun­gen liegt aber ausser­halb des Anwen­dungs­bere­ich­es von Art. 193 ZGB, weil diese nicht im Güter­recht, son­dern in den all­ge­meinen Wirkun­gen der Ehe begrün­det liegen (E. 4.3). 
  • Zeit­punkt der “güter­rechtlichen Auseinan­der­set­zun­gen” im Sinne von Art. 193 ZGB:
    Nach Wort­laut und Sinn von Art. 193 ZGB ist „die tat­säch­liche Über­tra­gung des haf­ten­den Ver­mö­genswertes im Rah­men oder mit Blick auf die güter­rechtliche Auseinan­der­set­zung rel­e­vant“. Eine Gläu­biger­forderung muss in diesem Zeit­punkt bere­its ent­standen sein, damit der Gläu­biger vom Schutz von Art. 193 ZGB prof­i­tieren kann (E. 4.5).