1C_285/2015: Die Umnutzung eines Ferienheims in ein Durchgangszentrum für Asylsuchende in der Gemeinde Aeschi bei Spiez ist nicht bewilligungspflichtig

Im Urteil vom 19. Novem­ber 2015 beschäftigte sich das BGer mit der Baube­wil­li­gungspflicht für ein Durch­gangszen­trum für Asyl­suchende. Im Jahr 2014 ver­mi­etete die Stiftung “Blaukreuzheim Aeschiried” den Trakt “See­blick” ihres Ferien­heims an den Kan­ton Bern zur Nutzung als Kollek­tivun­terkun­ft für die dem Kan­ton zugewiese­nen Asyl­be­wer­ber (nach­fol­gend Durch­gangszen­trum). Nach­dem das Regierungsstatthal­ter­amt mit Fest­stel­lungsver­fü­gung entsch­ied, dass für den Betrieb des Durch­gangszen­trums bei ein­er Beschränkung auf max­i­mal 100 Bet­ten kein Baube­wil­li­gungsver­fahren durchzuführen sei, gelangten zwei Beschw­erde­führer an das Ver­wal­tungs­gericht des Kan­tons Bern, welch­es die Beschw­erde abwies. Das BGer weist die Beschw­erde gegen den Entscheid des Ver­wal­tungs­gerichts eben­falls ab.

Zunächst äussert sich das BGer zur Baube­wil­li­gungspflicht von Umnutzungen:

Nach Art. 22 Abs. 1 RPG dür­fen Baut­en und Anla­gen nur mit behördlich­er Bewil­li­gung errichtet oder geän­dert wer­den. Nach der bun­des­gerichtlichen Recht­sprechung unter­ste­hen grund­sät­zlich auch reine Umnutzun­gen ohne bauliche Mass­nah­men der Baube­wil­li­gungspflicht. Eine ohne bauliche Vorkehren ausk­om­mende Zweck­än­derung unter­liegt der Bewil­li­gungspflicht nur dann nicht, wenn erstens auch der neue Ver­wen­dungszweck der in der fraglichen Zone zuzu­lassenden Nutzung entspricht […] und zweit­ens sich die Änderung hin­sichtlich ihrer Auswirkun­gen auf Umwelt und Pla­nung als aus­ge­sprochen ger­ingfügig erweist […]. Sind die mit der neuen Nutzung ver­bun­de­nen Auswirkun­gen inten­siv­er als die bish­eri­gen, ist von ein­er bewil­li­gungspflichti­gen Nutzungsän­derung auszuge­hen. Dies ist ins­beson­dere bei ein­er deut­lichen Zunahme der Immis­sio­nen der Fall […] (E. 3.). 

Hin­sichtlich der Zonenkon­for­mität kommt das BGer zum Schluss, dass die vorin­stan­zliche Ausle­gung von Art. 4 der Über­bau­ungsvorschriften, welch­er die zuläs­sige Nutzung mit “Ferien­heim und öffentlich­es Café/Restaurant” umschreibt, nicht zu bean­standen sei. Das Ferien­heim habe immer auch Men­schen beherbergt, welche aus ver­schiede­nen Grün­den (Gesund­heit, Alter, Lebenssi­t­u­a­tion) auf beson­dere Betreu­ung angewiesen gewe­sen seien. Entsprechend sei Art. 4 der Über­bau­ungsvorschriften in einem weit­en Sinn dahinge­hend zu ver­ste­hen, dass im Perime­ter der Über­bau­ung­sor­d­nung die Unter­bringung beson­ders schutzwürdi­ger Per­so­n­en mit speziellen Bedürfnis­sen zuläs­sig sei.

In Bezug auf die Zunahme der Immis­sio­nen stützt das BGer die Würdi­gung der Vorin­stanz eben­falls. Eine Steigerung um zehn Bet­ten im Ver­gle­ich zur vorheri­gen Nutzung falle nicht ins Gewicht. Es seien schon immer Per­so­n­en mit beson­derem Betreu­ungs­be­darf im Ferien­heim beherbergt wor­den und eine stärkere Fre­quen­tierung der Erschlies­sungsstrasse sei eben­falls unwahrschein­lich, da die Asyl­suchen­den in der Regel über keine Motor­fahrzeuge ver­fügten und keinen erhe­blichen Besucherverkehr auslösten.