2C_701/2014: Berufsmässige Vertretung in Zivilverfahren; keine Anwendung des Binnenmarktgesetzes (amtl. Publ.)

X. ist diplomiert­er Recht­sagent und im Kan­ton Waadt zur beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung von Parteien in gewis­sen Ver­fahren gestützt auf Art. 68 Abs. 2 lit. b und d ZPO zuge­lassen. X. stellte im Kan­ton Bern das Gesuch, er sei vor den Gericht­en des Kan­tons Bern im sel­ben Umfang zuzu­lassen wie in der Waadt, obwohl das Recht des Kan­tons Bern keine Aus­nah­men zum Grund­satz vor­sieht, wonach
lediglich Anwälte zur beruf­s­mäs­si­gen Vertre­tung berechtigt sind (Urteil 2C_701/2014 vom 13. April 2015, E. 9.2).

Die Behör­den des Kan­tons Bern wiesen deshalb das Gesuch ab, was vom Bun­des­gericht geschützt wurde (E. 10).

X. hat­te sich auf das Bin­nen­mark­t­ge­setz berufen. Dieses Gesetz gewährleis­tet, dass Per­so­n­en mit Nieder­las­sung oder Sitz
in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerb­stätigkeit auf dem gesamten
Gebi­et der Schweiz freien und gle­ich­berechtigten Zugang zum Markt haben (Art. 1 Abs. 1 BGBM).  

Das Bun­des­gericht gelangte indessen nach aus­führlichen Erwä­gun­gen zur Auf­fas­sung, dass die Bes­tim­mungen von Art. 68 ZPO dem Bin­nen­mark­t­ge­setz als das speziellere und jün­gere Recht vorge­hen (E. 6.8). Das kan­tonale Recht kann zwar gestützt auf Art. 68 Abs. 2 lit. b und d ZPO Abwe­ichun­gen vorse­hen. Der­ar­tige Aus­nah­men ent­fal­ten jedoch nur Wirkung inner­halb des Kan­tons, der entsprechende Bes­tim­mungen erlassen hat (E. 6.3–6.8).