2C_259/2014: Anwaltswerbung in Form eines Werbespots während eines Eishockeyspiels gilt als reisserisch und ist deshalb unzulässig

Im Urteil 2C_259/2014 vom 10. Novem­ber 2014 set­zt sich das BGer ein weit­eres Mal mit der Frage der Zuläs­sigkeit von Anwaltswer­bung auseinan­der. Der selb­ständi­ge und in Biel prak­tizierende Recht­san­walt A. machte bei Heim­spie­len der NLA-Eishock­ey­mannschaft des EHC Biel in der Sai­son 2012/2013 auf fol­gende Weise Werbung:

Der Sta­dion­sprech­er kündigte die Spiel­er­strafen jew­eils mit der Ansage “Strafe — Pénal­ité pre­sent­ed by” an, worauf auf den mehreren Quadrat­metern grossen Anzeigetafeln (LED-Screens) des Sta­dions ein Wer­be­flash aus­ges­trahlt wurde. Darin erschienen auf der linken Seite unter dem Fir­men­l­o­go der Vor- und Nach­name von A. sowie die Berufs­beze­ich­nung in drei Sprachen (Recht­san­walt — Avo­cat — Attor­ney). Rechts davon wurde zuerst der Slo­gan “aues was rächt isch… — tout ce qui est droit…” einge­blendet, anschliessend die bei­den Domain­na­men (…) und (…) mit einem Pfeil als stilis­tis­chem Ele­ment. Der Wer­be­flash dauerte rund acht Sekun­den und wurde durch­schnit­tlich sieben bis acht Mal pro Spiel ausgestrahlt.

Mit Ver­fü­gung vom 9. Sep­tem­ber 2013 wurde der Recht­san­walt von der Anwalt­sauf­sichts­be­hörde des Kan­tons Bern ver­warnt, weil er gegen die Beruf­s­regel über die Anwaltswer­bung ver­stossen habe. Diese Ver­fü­gung zog der Recht­san­walt durch alle Instanzen bis vor BGer, welch­es seine Beschw­erde abweist.

Das BGer führt aus, dass die Beruf­s­regeln für Recht­san­wälte in Art. 12 BGFA geregelt seien. Gemäss Art. 12 lit. d BGFA kön­nten sie Wer­bung machen, solange diese objek­tiv bleibe und solange sie dem Infor­ma­tions­bedürf­nis der Öffentlichkeit entspreche. Zu prüfen sei, ob der Recht­san­walt die Schranken von Art. 12 lit. d BGFA einge­hal­ten habe:

Weil die Anwaltswer­bung grund­sät­zlich durch die Wirtschafts­frei­heit nach Art. 27 BV geschützt ist, bedarf ihre Ein­schränkung der Recht­fer­ti­gung […]. Die Reg­ulierung der Wer­bung liegt in erster Lin­ie im öffentlichen Inter­esse an ein­er ord­nungs­gemässen und qual­i­ta­tiv hochste­hen­den Ausübung der Anwalt­stätigkeit […]. Die Wirtschafts­frei­heit der Anwältin­nen und Anwälte ist gegen das Ver­trauen der Öffentlichkeit in die Anwaltschaft abzuwä­gen […] (E. 2.2.).

Diese Abwä­gung fällt in casu zuun­gun­sten des Recht­san­walts aus. Obwohl der Recht­san­walt vor­bringt, dass der Slo­gan “aues was rächt isch… — tout ce qui est droit…” für Strafen bei­der Teams einge­blendet und dadurch der Straf­spruch des Schied­srichters anerkan­nt werde, man mithin sog­ar für den fairen und sauberen Sport ein­trete, ver­misst das BGer die Objektivität:

Die Anwaltswer­bung an einem Sportan­lass in der vor­liegen­den Form (mehrma­lige Ausstrahlung eines unüberse­hbaren Werbespots während eines Eishock­ey­match­es, Ankündi­gung durch den Sta­dion­sprech­er, Verbindung der Anwalt­skan­zlei mit Spiel­er­strafen) muss von vorn­here­in als reis­serisch gel­ten und kann daher nicht zuläs­sig sein (E. 3.2.1.).

Das BGer ist zudem der Ansicht, dass die ver­mutete Empathie der Sport­fans für Spiel­er, die mit ein­er Strafe belegt wer­den, zum Anlass genom­men werde, um eine Anwalt­skan­zlei bekan­nt zu machen. Dies sprenge klar die Gren­zen von Art. 12 lit. d BGFA.

Vgl. zum Ganzen auch die Berichter­stat­tung im Biel­er Tag­blatt.