1C_803/2013: Beim linken Zürichseeufer handelt es sich um dicht überbautes Gebiet im Sinne der Gewässerschutzverordnung (amtl. Publ.)

Im Urteil vom 14. August 2014 set­zt sich das BGer mit der Frage auseinan­der, ob für die Errich­tung eines Ein­fam­i­lien­haus­es mit Garage auf einem Bau­grund­stück, welch­es zur Hälfte auf soge­nan­ntem Konzes­sion­s­land (konzes­sion­ierte Lan­dan­lage) liegt, eine Aus­nah­me­be­wil­li­gung im Gewässer­raum erteilt wer­den kann. Im April 2012 erteil­ten die Behör­den des Kan­tons Zürich die bau­rechtliche Bewil­li­gung sowie die konzes­sions- und gewässer­schutzrechtliche Bewil­li­gung für das Bau­vorhaben. Nach­dem das Bau­rekurs­gericht einen Rekurs des Schweiz­er Heimatschutzes und der Zürcherischen Vere­ini­gung für Heimatschutz stützte, gelangte die Bauherrschaft an das BGer, welch­es die Beschw­erde guthiess.

Zunächst führt das BGer aus, wieso das geplante Ein­fam­i­lien­haus auf eine Aus­nah­me­be­wil­li­gung im Gewässer­raum angewiesen sei. Gemäss Art. 41c Abs. 1 GschV dür­fen im Gewässer­raum nur stan­dort­ge­bun­dene, im öffentlichen Inter­esse liegende Anla­gen wie Fuss- und Wan­der­wege, Flusskraftwerke oder Brück­en erstellt wer­den, wobei die Behörde in dicht über­baut­en Gebi­eten für zonenkon­forme Anla­gen Aus­nah­men bewil­li­gen kann, soweit keine über­wiegen­den Inter­essen gegenüberstehen.

Zur Klärung der Frage, ob es sich beim entsprechen­den Per­imter um “dicht über­bautes Gebi­et” im Sinne der GschV han­dle, stützt sich das BGer auf das Merk­blatt Gewässer­raum im Sied­lungs­ge­bi­et des Bun­de­samtes für Rau­men­twick­lung (ARE) und des Bun­de­samtes für Umwelt (BAFU). Gemäss Merk­blatt sind bei der Evaluierung die fol­gen­den Punk­te zu berücksichtigen:

  • Zen­trums- oder Kern­zone, Entwicklungsschwerpunkt;
  • Bedeu­tende Grün­räume, Gewässer­ab­schnitte mit ökol­o­gis­ch­er oder land­schaftlich­er Bedeutung;
  • Bebaubarkeit und Parzellenfläche;
  • Bauliche Nutzung in der Umgebung;
  • Nähe zu öffentlichen Anla­gen an Gewässern;
  • Gewässerzu­s­tand und ‑grösse.

Unter Berück­sich­ti­gung dieser Punk­te kommt das BGer zum Schluss, dass sich das Bau­grund­stück des geplat­en Ein­fam­i­lien­haus­es in dicht über­bautem Gebi­et befinde:

Für die Qual­i­fika­tion als “dicht über­bautes Gebi­et” genügt es […] nicht, dass ein Fliess­gewäss­er oder Seeufer ver­baut ist und die Aufw­er­tungsmöglichkeit­en im fraglichen Abschnitt beschränkt sind: Der Gewässer­raum soll den Raumbe­darf des Gewässers langfristig sich­ern und ist grund­sät­zlich unab­hängig vom Beste­hen konkreter Revi­tal­isierungs- oder Hochwasser­schutzpro­jek­te auszuschei­den bzw. freizuhalten […].

Im vor­liegen­den Fall liegen die stre­it­i­gen Bau­parzellen nicht periph­er, son­dern im Haupt­sied­lungs­ge­bi­et der Agglom­er­a­tion am linken Zürich­seeufer. Der fragliche Abschnitt des Zürich­sees ist nicht nur durch eine Ufer­mauer hart ver­baut, son­dern zusät­zlich mit Boots- und Bade­häusern in dichter Folge über­stellt. Richtet man den Fokus in erster Lin­ie auf das Ufer und nicht auf das Hin­ter­land, ist daher grund­sät­zlich von einem dicht über­baut­en Gebi­et auszuge­hen (E. 5.4).

Sodann prüft das BGer, ob der Erteilung ein­er Aus­nah­me­be­wil­li­gung ein über­wiegen­des öffentlich­es Inter­esse ent­ge­gen­ste­he. Da es der Baudi­rek­tion in erster Lin­ie darum gehe, eine lockere Über­bau­ung der ersten Bau­tiefe sicherzustellen, um zwis­chen den Baut­en Ufer­veg­e­ta­tion zu erhal­ten und eine Querverzah­nung des Ufer­bere­ichs mit dem Hin­ter­land zu erre­ichen, sei ein voll­ständi­ges Ver­bot von Baut­en im Gewässer­raum nicht nötig. Den genan­nten Anliegen könne mit Aufla­gen und Bedin­gun­gen Rech­nung getra­gen wer­den, indem die Aus­nah­me­be­wil­li­gung nur für land­schaftsverträgliche Bau­vorhaben gewährt werde, mit Aufla­gen zur Sich­er­stel­lung des Zugangs der Öffentlichkeit und ein­er natur­na­hen Bepflanzung.