5A_462/2013: Überflüssige Rücksprache mit einem Parteivertreter lässt Einzelrichter und Gerichtsschreiberin befangen werden

Eine Aktienge­sellschaft hat­te auf ein­er Liegen­schaft als Unternehmerin Werkver­tragsar­beit­en ver­richtet und stellte in der Folge ein Gesuch um super­pro­vi­sorische Ein­tra­gung eines Bauhandw­erk­erp­fan­drechts, das beim Gericht am let­zten Tag der laufend­en Ein­tra­gungs­frist ein­traf. Im Gesuch war A. als Gesuchs­geg­n­er beze­ich­net wor­den. Nach Rück­sprache mit dem Einzel­richter kon­tak­tierte die Gerichtss­chreiberin tele­fonisch den Rechtsvertreter der Aktienge­sellschaft. Da der Anwalt nicht erre­ich­bar war, sprach sie ihm auf den Anruf­beant­worter, er solle sie bis 16.30 Uhr zurück­rufen, da son­st die “Gesuchs­geg­n­er­schaft” wie von ihm in der Eingabe beze­ich­net aufgenom­men werde. Der Rechtsvertreter rief zurück und die Gerichtss­chreiberin informierte ihn dahinge­hend, dass das zu belas­tende Grund­stück im hälfti­gen Eigen­tum von A. und B. ste­he, worauf der Rechtsvertreter beantragte, die Gesuchs­geg­n­er­schaft um B. zu erweit­ern. In der Folge wurde das Bauhandw­erk­erp­fan­drecht mit super­pro­vi­sorisch­er Ver­fü­gung im beantragten Umfang auf dem Grund­stück von A. und B. vor­läu­fig vorge­merkt (BGer. 5A_462/2013 vom 12. Novem­ber 2013).

Im späteren Ver­lauf des Ver­fahrens stell­ten A. und B. in ihrer Dup­likschrift gegen den Einzel­richter und die Gerichtss­chreiberin ein Ablehnungs­begehren. Das Begehren wurde vom Kan­ton­s­gericht­spräsi­dent abgewiesen. Die dage­gen erhobene Beschw­erde wies das Oberg­ericht des Kan­tons Schaffhausen ab. Das Bun­des­gericht hob diesen Entscheid aber auf und hiess das Aus­stands­begehren gut.

Das Bun­des­gericht fasste zunächst seine feste Prax­is betr­e­f­fend die Unparteilichkeit von Gerichtsper­so­n­en zusam­men. Zur Begrün­dung eines Ablehnungs­begehrens müssen Umstände vor­liegen, die bei objek­tiv­er Betra­ch­tung den Anschein der Befan­gen­heit und Vor­ein­genom­men­heit erweck­en (E. 3.1). Das Gericht erin­nerte ausser­dem daran, dass die Garantien von Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK auch auf die Gerichtss­chreiberin­nen anwend­bar sind, sofern sie Ein­fluss auf die Urteils­find­ung haben kön­nen. Das ist namentlich der Fall, wenn die Gerichtss­chreiberin­nen an der Wil­lens­bil­dung des Spruchkör­pers mitwirken (E. 3.2).

Mit Bezug auf den konkreten Fall führte das Bun­des­gericht fol­gen­des aus (E. 3.3): 

Die Gegen­partei der heuti­gen Beschw­erde­führer hat in ihrem
Gesuch um super­pro­vi­sorische Anmerkung eines Bauhandwerkerpfandrechts
einzig die Beschw­erde­führerin als Gesuchs­geg­ner­in aufge­führt. Trotz des
klaren Gesuchs hat die Beschw­erdegeg­ner­in im Ein­ver­ständ­nis mit dem
Beschw­erdegeg­n­er in dieser von der Dis­po­si­tions- und Verhandlungsmaxime
beherrscht­en Angele­gen­heit vorgängig zur Ver­hand­lung mit dem
Rechtsvertreter der Unternehmerin tele­fonisch Kon­takt aufgenom­men, um
sich nach der Richtigkeit der im Gesuch angegebenen
“Gesuchs­geg­n­er­schaft” zu erkundi­gen. Dabei wurde die Unternehmerin auch
dahinge­hend informiert, dass das zu belas­tende Grund­stück im Miteigentum
bei­der Beschw­erde­führer ste­ht, was schliesslich den Anwalt der
Unternehmerin dazu ver­an­lasst hat, das Gesuch auf den Beschwerdeführer
auszudehnen. Durch diese über­flüs­sige Rück­sprache mit dem Anwalt der
Gegen­partei der heuti­gen Beschw­erde­führer wurde Art. 30 Abs. 1 BV
bzw. 6 Ziff. 1 EMRK ver­let­zt. Eine Kon­tak­tauf­nahme mit der
Unternehmerin recht­fer­tigte sich umso weniger, als diese anwaltlich
vertreten war. Diese Pflichtver­let­zung reicht bei objek­tiv­er Betrachtung
für sich genom­men aus, um die Beschw­erdegeg­n­er als befan­gen erscheinen
zu lassen.”