8C_501/2013: Gerechtfertigte fristlose Kündigung wegen Privatverkauf von Munitionshülsen der Armee

Ein öffentlich-rechtlich Angestell­ter in der Logis­tik­ba­sis der Armee war seit dem 1. Okto­ber 2006 für den Unter­halt eines Schiess­platzes zuständig. Zu seinen Auf­gaben gehörte, mor­gens den Platz für die Trup­pen bere­itzustellen und am Abend von dieser wieder zu übernehmen. Der Angestellte wurde frist­los ent­lassen, nach­dem er über einen Zeitraum von min­destens einein­halb Jahren die von der Truppe zurück­ge­lassene Mess­ing­mu­ni­tion­shülsen ein­sam­melte, im Schützen­haus lagerte und von Zeit zu Zeit ohne Wis­sen der Arbeit­ge­berin an Dritte verkaufte. Der Platzwart erwirtschaftete auf diese Weise ins­ge­samt CHF 13’940 (BGer. 8C_501/2013 vom 18. Novem­ber 2013, E. 3.2).

Das Bun­desver­wal­tungs­gericht gelangte zur Auf­fas­sung, dass das Fehlver­hal­ten nicht der­art schw­er war, dass damit die Fort­set­zung des Arbeitsver­hält­niss­es nicht mehr zuzu­muten war und deshalb eine frist­lose Kündi­gung gerecht­fer­tigt war (E. 3.3). Das Bun­des­gericht hinge­gen schützte die frist­lose Kündi­gung (E. 3.4):

“Selb­st wenn der Beschw­erdegeg­n­er von den Vorge­set­zten nicht
speziell zur Vorge­hensweise bei von der Truppe liegen gelasse­nen Hülsen
instru­iert wor­den sein sollte, musste ihm als seit Jahren mit der
Bere­it­stel­lung und dem Unter­halt der Schiess­platzes (mit-) betrauter
Per­son auch ohne spezielle Weisung von vorge­set­zter Stelle klar sein,
dass von den Trup­pen nicht ord­nungs­gemäss zusam­mengeräumte Hülsen im
Eigen­tum der Eidgenossen­schaft als Arbeit­ge­berin blieben. Eben­so musste
er wis­sen, dass der pri­vate Verkauf der­sel­ben durch ihn insbesondere
auch mit Blick auf den zwar an die Ange­höri­gen der Armee gerichteten,
ihm auf­grund sein­er Tätigkeit aber ohne weit­eres ver­traut sein müssenden
Muni­tions­be­fehl, welch­er das Bei­seiteschaf­fen von Hülsen oder die
Veräusserung der­sel­ben unter Strafan­dro­hung aus­drück­lich verbietet,
einem schw­eren Ver­stoss gegen die Beruf­spflicht­en gle­ichkom­men würde.
Eines speziell an ihn oder seine Beruf­s­gat­tung gerichteten Reglementes
oder Befehls dazu bedurfte es nicht.
Auch mag es dur­chaus sein, dass
pri­vate Per­so­n­en öfters leere Hülsen mit nach Hause genom­men haben und
nehmen oder die Trup­pen den Platz nicht stets ord­nungs­gemäss abends
aufgeräumt haben. Für ihn als Angestell­ten musste es aber so oder anders
klar sein, dass die Hülsen wed­er ihm gehörten noch (ohne ausdrückliche
Zus­tim­mung der Arbeit­ge­berin) veräussert, geschweige denn die damit
erziel­ten Erlöse ein­be­hal­ten wer­den durften. Ins­beson­dere durfte er auch
nicht aus dem behaupteten Umstand, dass Vorge­set­zte vom Sam­meln und
Lagern der Hülsen durch ihn Ken­nt­nis gehabt haben sollen, auf eine
Dul­dung oder Zus­tim­mung ein­er Veräusserung zur persönlichen
Einkom­men­sauf­besserung schliessen.
Dass Vorge­set­zte des
Beschw­erdegeg­n­ers den Verkauf der Hülsen dulde­ten oder ihm gar
zus­timmten, geht im Übri­gen aus den Akten nicht her­vor und ist denn auch
nicht zu ver­muten. Zwis­chen dem Sam­meln und Lagern von Eigen­tum der
Arbeit­ge­berin in deren Herrschafts­bere­ich und dem pri­vat­en Veräussern
dieser Gegen­stände beste­ht ein erhe­blich­er Unter­schied.
Die
Arbeit­ge­berin hat denn auch nicht das Sam­meln und Lagern der Hülsen als
schw­er­wiegen­des Fehlver­hal­ten gew­ertet, son­dern deren über einen
län­geren Zeitraum wieder­holt erfol­gte Veräusserung zu eige­nen Gunsten.
Wenn die Vorge­set­zten ihm auf­grund der langjähri­gen, weitestgehend
tadel­losen Tätigkeit ein gewiss­es Ver­trauen ent­ge­genge­bracht hatten,
nicht sämtliche Schritte von ihm beson­ders kon­trol­liert haben und
ins­beson­dere auch nicht näher das (in der Art und Weise möglicherweise
den inter­nen Vorschriften nicht gän­zlich entsprechende) Sam­meln und
Lagern der Hülsen in ein­er im Schützen­haus ange­blich gut sichtbar
ange­bracht­en Tonne gerügt bzw. hin­ter­fragt haben, lässt dies sein
Fehlver­hal­ten nicht min­der schw­er erscheinen: Das Sam­meln und
Zwis­chen­lagern in der vorgele­ge­nen Form kon­nte aus rein praktischer
Sicht dur­chaus als mehr oder weniger tauglich­es Vorge­hen betrachtet
wer­den, ohne dass deswe­gen ein späteres, konzen­tri­ertes Zuführen an die
zuständi­ge Stelle damit aus­geschlossen wor­den wäre.
Es kann gegenteils
argu­men­tiert wer­den, der Bruch des durch die jahre­lange Zusammenarbeit
aufge­baut­en Ver­trauensver­hält­niss­es, welch­es ein selb­st­ständi­ges Sammeln
in der vom Beschw­erdegeg­n­er vorgenomme­nen Art und Weise im Vertrauen
auf deren spätere ord­nungs­gemässe Rück­führung erst ermöglicht hat­te, sei
dadurch umso gröss­er. Er miss­brauchte dadurch das in ihn gesetzte
Ver­trauen wieder­holt und in schw­er­wiegen­der Weise. Damit war dem
bish­eri­gen Ver­trauensver­hält­nis die kün­ftige Basis nicht nur subjektiv,
son­dern auch objek­tiv nach­haltig und in schw­er­wiegen­der Weise und
irrepara­bel ent­zo­gen, was eine Fort­führung des Arbeitsver­hält­niss­es als
unzu­mut­bar erscheinen liess.
Ob diese Vor­fälle auch zu einer
strafrechtlichen Verurteilung des Beschw­erdegeg­n­ers führen wer­den oder
nicht — gegen den Straf­be­fehl vom 22. Mai 2013 hat­te er Einsprache
erhoben -, ist in diesem Zusam­men­hang ohne Belang. War die fristlos
aus­ge­sproch­ene Kündi­gung nach dem Gesagten gerecht­fer­tigt, führt dies
zur Aufhe­bung des vorin­stan­zlichen Entscheids.”