Unter dem bestehenden kantonalen Recht sind Schweizer Notare in der Ausübung ihrer Tätigkeit auf das jeweilige Kantonsgebiet beschränkt. Sie haben keine Möglichkeit, ihre Fähigkeitsausweise in anderen Kantonen anerkennen zu lassen und ihre Tätigkeit in anderen Kantonen auszuüben. Dies führt zu einer Inländerdiskriminierung gegenüber Notaren aus der EU, welche gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU und das Berufsqualifikationsgesetz die Anerkennung ihrer Berufsqualifikation für das gesamte Gebiet der Schweiz beantragen können. Genau diese Inländerdiskriminierung will das Binnenmarktgesetz verhindern; es räumt Schweizer Erwerbstätigen mindestens dieselben Rechte ein, wie sie mittels Staatsvertrag ausländischen Personen gewährt werden.
Vor diesem Hintergrund hat die Wettbewerbskommission (WEKO) im März 2013 eine binnenmarktrechtliche Untersuchung zur Freizügigkeit der Notare eingeleitet (siehe hier). Mit Empfehlung vom 23. September 2013 informiert die WEKO nun über die Ergebnisse dieser Untersuchung. Konkret ersucht die WEKO die Kantone um folgende Änderungen:
1. Die Zulassung ausserkantonaler Notare (unter Anerkennung deren Fähigkeitsausweise) für diejenigen Tätigkeiten, die im eigenen Kanton ebenfalls durch freierwerbende Notare ausgeübt werden dürfen. Die Verweigerung der Anerkennung bei bedeutenden Unterschieden in den kantonalen Ausbildungserfordernissen soll aber zulässig sein, ebenso die Durchführung von Eignungstests bei gleichwertigen Ausbildungserfordernissen.
2. Die Aufhebung von Marktzugangsbeschränkungen wie Gegenrechtbestimmungen, Wohnsitzpflichten und Staatsbürgerschaftserfordernisse.
3. Die Berücksichtigung von ausserkantonal ausgebildeten Notaren bei der Stellenbesetzung von staatlichen Urkundpersonen.
Im Weiteren empfiehlt die WEKO dem Bundesrat, anlässlich der aktuellen Revision des Zivilgesetzbuches (SchlT ZGB zur öffentlichen Beurkundung), die Anerkennung aller öffentlichen Urkunden zwischen den Kantonen zu normieren. Den Notaren soll es ermöglicht werden, öffentliche Urkunden im Bereich der Grundstückgeschäfte schweizweit bei den kantonalen Grundbuchämtern eintragen zu lassen. Unter dem bestehenden Recht erfordert diese Eintragung zwingend die Beurkundung durch einen Notar im Belegenheitskanton.
Die WEKO verspricht sich von den vorgeschlagenen Änderungen, dass “Kunden von einem grösseren Angebot profitieren und den Notar entsprechend ihren Bedürfnissen hinsichtlich Qualität, Leistung und Preis schweizweit auswählen” können. Die Kompetenz der Kantone, das Notariatssystem nach ihren Bedürfnissen zu organisieren, bleibe dabei unberührt. Auch werden die Institutionen des Amtsnotariats sowie des freiberuflichen Notariats nach Ansicht der WEKO durch die Empfehlungen nicht in Frage gestellt.
Weitere Informationen: Medienmitteilung vom 11. Oktober 2013 (HTML), Empfehlung vom 23. September 2013 (PDF).