5A_884/2012: übermässige Immissionen aus dem Betrieb eines Fussballfelds

Der vor­liegende Fall betraf eine Klage eines Ehep­aars gegen ein Gemein­we­sen auf­grund von Lär­mim­mis­sio­nen aus einem Fuss­ballfeld. Das Ehep­aar ver­langte dabei, die Ein­rich­tung und der Betrieb des Rasen­felds seien so gestal­ten, dass “sich die Gefahr aus über den 5 m hohen Drahtza­un auf das Grund­stück der Kläger geschla­ge­nen Fuss­bällen erhe­blich ver­min­dert”; und zwar seien die Fuss­ball­tore während der ganzen Woche quer auf dem Rasen­feld anzubrin­gen und dort anzuket­ten und nur aus­nahm­sweise längs auszuricht­en; und die Stadt habe eine entsprechende Benützung­sor­d­nung auszuhängen.

Das BezGer Hor­gen hat­te die Klage abgewiesen. Auf Beru­fung verurteilte das OGer ZH das beklagte Gemein­we­sen, die Fuss­ball­tore von Fre­itagabend bis Mon­tag­mor­gen und an Feierta­gen quer anzubrin­gen und anzuket­ten, und wies die Klage im Übri­gen ab. In der Sache hat­te das BGer zu prüfen, ob das OGer zu Unrecht ZGB 684 statt ZGB 641 und 667 ange­wandt hatte.

Eigen­tums­beein­träch­ti­gun­gen durch Nach­barn fall­en unter ZGB 641 II, wenn es sich um direk­te Beein­träch­ti­gun­gen han­delt, das heisst wenn der Nach­bar unmit­tel­bar in die Sub­stanz des klägerischen Grund­stücks ein­greift […]. Dage­gen fall­en mit­tel­bare Beein­träch­ti­gun­gen als Folge davon, dass der Nach­bar sein Eigen­tum­srecht auf seinem eige­nen Grund­stück ausübt, unter ZGB 684:

Gemäss dieser Vorschrift […][v]erboten sind ins­beson­dere alle schädlichen und nach Lage und Beschaf­fen­heit der Grund­stücke oder nach Orts­ge­brauch nicht gerecht­fer­tigten Ein­wirkun­gen durch Luftverun­reini­gung, üblen Geruch, Lärm, Schall, Erschüt­terung, Strahlung oder durch den Entzug von Beson­nung oder Tages­licht (Absatz 2). Wird jemand dadurch, dass ein Grun­deigen­tümer sein Eigen­tum­srecht über­schre­it­et, geschädigt oder mit Schaden bedro­ht, so kann er auf Besei­t­i­gung der Schädi­gung oder auf Schutz gegen dro­hen­den Schaden und auf Schaden­er­satz kla­gen (Art. 679 Abs. 1 ZGB). In den Anwen­dungs­bere­ich der über­mäs­si­gen Ein­wirkun­gen gemäss Art. 684 ZGB fällt alles, was sich als eine […] unwillkür­liche Folge eines mit der Benutzung eines andern Grund­stücks adäquat kausal zusam­men­hän­gen­den men­schlichen Ver­hal­tens auf dem betrof­fe­nen Grund­stück auswirkt, sei es in materieller, sei es in ideeller Weise. Nicht erforder­lich ist, dass die Ein­wirkung direkt vom Grund­stück aus­ge­ht; es genügt, wenn sie als Folge ein­er bes­timmten Benutzung oder Bewirtschaf­tung erscheint, auch wenn die Störungsquelle ausser­halb des Grund­stücks liegt […]. 

Die Aufzäh­lung von ZGB 684 II ist nicht abschliessend (“ins­beson­dere”). Unter diese Bes­tim­mung fall­en nach der Recht­sprechung auch der Laubbe­fall über­ra­gen­der Äste oder Besuch­er eines Gassen­z­im­mers für Dro­gen­ab­hängige. Das BGer schützt daher das Urteil des OGer:

Sowohl die Fuss­bälle, die beim freien, unbeauf­sichtigten Spiel infolge von Fehlstössen auf dem Grund­stück der Beschw­erde­führer lan­den, als auch die Fuss­ball­spiel­er, die fehlgeleit­ete Fuss­bälle auf dem benach­barten Grund­stücke suchen und behändi­gen, verur­sachen dort Ein­wirkun­gen, die im beschriebe­nen Sinn als mit­tel­bare Folge der Benutzung der Spiel­wiese C. erscheinen und dem­nach in den Anwen­dungs­bere­ich von Art. 684 ZGB fallen.

Damit war zu prüfen, ob mit der Lösung des OGer (Fuss­ball­tore bleiben abends von Mon­tag bis Don­ner­stag längs­gestellt) noch eine über­mäs­sige Immis­sion vor­lag. Das BGer bejaht dies. Das OGer gehe offen­bar davon aus, dass die Immis­sio­nen am Woch­enende über­mäs­sig sind. Es kon­nte jedoch nicht erk­lären, weshalb die gle­ichen Immis­sio­nen nur am Woch­enende, nicht aber während der Woche über­mäs­sig sein sollen. Die Über­mäs­sigkeit ist objek­tiv nach der Inten­sität der Ein­wirkun­gen und ein­er Abwä­gung der Inter­essen** zu beurteilen, wobei das Empfind­ens eines Durch­schnitts­men­schen in der gle­ichen Sit­u­a­tion mass­ge­blich ist. Da die Begrün­dung des OGer diesen Anforderun­gen nicht genüge, war das Urteil aufzuheben und zur Verbesserung der Begrün­dung zurückzuweisen.