4A_27/2013: Beweislast und Prüfungspflicht betreffend die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen (amtl. Publ.)

Ein deutsch­er Staat­sange­höriger mit Wohn­sitz in Deutsch­land stand über die Zürcher Zweignieder­las­sung ein­er Bank mit Sitz in Lon­don in ein­er Geschäfts­beziehung. Die All­ge­meinen Geschäfts­be­din­gun­gen der Bank, die der Bankkunde unterze­ich­net hat­te, sahen eine Gerichts­stand­sklausel zugun­sten der Gerichte am Ort der Nieder­las­sung vor. 

Da das Kon­to des Bankkun­den einen Neg­a­tivsal­do von EUR 219’847.16 aufwies, reichte die Bank Klage beim Bezirks­gericht Zürich ein. Der Beklagte bestritt die Zuständigkeit des angerufe­nen Gerichts und argu­men­tierte, es liege eine Ver­brauch­er­sache vor, weshalb eine Klage gegen ihn nur an seinem deutschen Wohn­sitz zuläs­sig sei (Art. 15 Ziff. 1 lit. c und Art. 16 Ziff. 2 LugÜ). Die kan­tonalen Instanzen ver­war­fen die Einrede der Unzuständigkeit, worauf sich der Beklagte ans Bun­des­gericht wandte. Das Bun­des­gericht wies die Beschw­erde ab, soweit es darauf eintrat.

Der Bankkunde hat­te unter anderem gel­tend gemacht, dass nicht er für das Vor­liegen der Voraus­set­zun­gen von Art. 15 Ziff. 1 lit. c LugÜ beweis­be­lastet sei, son­dern die Bank deren Nichtvor­liegen zu beweisen habe. Für den Ver­braucherg­erichts­stand gelte, dass der Anbi­eter, der sich auf den für ihn gün­sti­gen pro­ro­gierten Gerichts­stand stützen wolle, zu beweisen habe, dass die Voraus­set­zun­gen nicht gegeben seien (BGer. 4A_27/2013 vom 6. Mai 2013, E. 3.1).

Das Bun­des­gericht ver­warf diese Argu­men­ta­tion. Nach den all­ge­meinen Grund­sätzen trage die Bank die Beweis­last für den von ihr ins Feld geführte Abschluss ein­er Gerichts­standsvere­in­barung zugun­sten der Zürcher Gerichte. Dage­gen sei der Bankkunde für diejeni­gen Tat­sachen beweis­be­lastet, auf die er seinen Ein­wand der Spezialzuständigkeit in Ver­brauch­er­sachen stütze (E. 3.2).

Das Bun­des­gericht hat­te ausser­dem Gele­gen­heit, sich zum Umfang der amtlichen Prü­fungspflicht zu äussern (Art. 26 Ziff. 1 LugÜ; Art. 60 ZPO). Es hielt im Wesentlichen fest, die Pflicht zur Prü­fung der Prozessvo­raus­set­zun­gen von Amtes wegen enthebe die Parteien wed­er von der Beweis­last noch davon, an der Samm­lung des Prozessstoffes aktiv mitzuwirken und dem Gericht das in Betra­cht fal­l­ende Tat­sachen­ma­te­r­i­al zu unter­bre­it­en sowie die Beweis­mit­tel zu beze­ich­nen. Der Vorin­stanz könne deshalb keine Bun­desrechtsver­let­zung vorge­wor­fen wer­den, wenn sie erwogen habe, das Gericht sei im Bere­ich der Prozessvo­raus­set­zun­gen nicht zu aus­gedehn­ten Nach­forschun­gen verpflichtet (E. 4.3).