4A_6/2013: “WILSON” für Tabak: keine irreführende Herkunftsangabe, kein Freihaltebedürfnis

Das BGer hält mit dem Bun­desver­wal­tungs­gericht und gegen das IGE fest, dass das Zeichen “WILSON” für “Tabak, Pro­duk­te aus Tabak, ins­beson­dere Zigaret­ten; Raucher­ar­tikel; Anzünder/Feuerzeug; Stre­ich­hölz­er; Aschen­bech­er” (Klasse 34) keine irreführende Herkun­ft­sangabe ist (Wil­son ist u.a. eine Stadt in North Carolina/USA) und dass an dieser Beze­ichung kein Frei­hal­tebedürf­nis besteht.

Das BGer kor­rigiert allerd­ings zunächst eine Aus­sage des BVGer. Dieses hat­te fest­ge­hal­ten, für die Unter­schei­dungskraft eines Zeichens sei die Auf­fas­sung der
End­ver­brauch­er mass­gebend, “wenn diese die grösste Teil­menge der
mass­ge­blichen Verkehrskreise bilden”. Dies sei “zumin­d­est
missver­ständlich
”, indem es den Ein­druck erwecke, es komme stets nur
darauf an, welch­er Adres­satenkreis men­gen­mäs­sig am grössten sei:

Wäre
dieses quan­ti­ta­tive Kri­teri­um auss­chlaggebend, würde in der Tat zu
aller­meist allein auf das Ver­ständ­nis des all­ge­meinen Publikums
abzustellen sein, wenn dieses von den betr­e­f­fend­en Waren und
Dien­stleis­tun­gen auch ange­sprochen ist, und die allen­falls ebenfalls
ange­sproch­enen, aber men­gen­mäs­sig kleineren Fachkreise oder weitere
Adres­saten­grup­pen blieben unberücksichtigt.

Das BGer kor­rigiert daher wie folgt:

3.2.3 Ob einem Zeichen marken­rechtlich­er Schutz zu
gewähren ist, ist im Hin­blick auf die konkret beansprucht­en Waren oder
Dien­stleis­tun­gen
und der davon ange­sproch­enen Abnehmerkreise zu
beurteilen […]. Die mass­geben­den Verkehrskreise sind demnach
im Hin­blick auf die tat­säch­lichen Abnehmer der Ware oder Dienstleistung
zu definieren […].
Das muss nicht immer nur das all­ge­meine Pub­likum bzw. der Endabnehmer
sein; auch Fachkreise oder Zwis­chen­händler kön­nen ange­sprochen wer­den […]. Bei Kon­sumgütern des täglichen Bedarfs ist es regelmäs­sig der Durchschnittskonsument […].

Im konkreten Fall hat­te das BVGer fest­ge­hal­ten, Wil­son als Ort sei den rel­e­van­ten Verkehrskreisen in der Schweiz nicht im Sinne
ein­er geografis­chen Angabe als Name für die Stadt in North Carolina
bekan­nt
. Damit war auch nicht nach weit­eren Sin­nge­hal­ten und ihrer allfäl­li­gen Dom­i­nanz zu fragen.

Ein Frei­hal­tebedürf­nis hat­te das BVGer verneint, weil in den USA eine Wort-/Bild­marke “WILSON” für iden­tis­che Waren reg­istri­ert ist. Für aus­ländis­che Herkun­ft­sangaben ent­fällt ein Frei­hal­tebedürf­nis, wenn
das Zeichen im betr­e­f­fend­en Herkun­ft­s­land selb­st nur einem Anbieter
vor­be­hal­ten ist, ins­beson­dere weil es als Marke für gle­iche Waren oder
Dien­stleis­tun­gen einge­tra­gen wurde (BGE 117 II 327 E. 2b; […]). Zwar han­delte es sich hier
nicht um eine reine Wort­marke, doch dominiert der Schriftzug WILSON als
prä­gen­der Bestandteil der­art, dass angenom­men wer­den kon­nte, die
US-Marken­be­hörde habe die Beze­ich­nung “WILSON” für Zigaret­ten als nicht
frei­hal­tebedürftig beurteilt. Damit schei­det ein Frei­hal­tebedürf­nis auch für
die Schweiz aus.

Es schadete daher im Ergeb­nis nicht, dass das BVGer bei der Beurteilung eines Frei­hal­tebedürfniss­es zu Unrecht auch amerikanis­che “WILSON”-Marken berück­sichtigt hat­te, die für andere als
die hier beansprucht­en Waren einge­tra­gen sind.