4A_665/2012: Schätzung des entgangenen Gewinns bei nicht erteilten Aufträgen nach OR 42

Das OGer BE hat­te im Zusam­men­hang mit einem Stre­it um ent­gan­genen Gewinn für die damit ver­bun­dene Frage anzurech­nen­der Erspar­nisse erkan­nt, es sei gericht­sno­torisch, dass Anwäl­ten bei Due Dili­gence-Prü­fun­gen und Con­trol­ling gewin­n­min­dern­der Aufwand von ca. 50% des Umsatzes anfalle. Im konkreten Fall schätzte es den Aufwand jedoch auf nur 1/3:

Das
Oberg­ericht erwog dazu, es sei gericht­sno­torisch, dass im Bere­ich Due
Dili­gence und Con­trol­ling gewin­n­min­dern­der Aufwand entste­he. Bei
Anwäl­ten entspreche dieser etwa der Hälfte des Umsatzes. Anders als ein
Anwalt habe der Beschw­erde­führer nicht über eine umfassende
Büroin­fra­struk­tur mit Räum­lichkeit­en wie Büro, Besprechungsz­im­mer und
Emp­fang ver­fü­gen müssen. Er hätte auch keine Sekretariats‑, Bibliotheks-
oder Akqui­si­tion­skosten gehabt, aber für ein Arbeit­sz­im­mer, den
Inter­ne­tan­schluss, den Com­put­er, das Schreib­ma­te­r­i­al, das Tele­fon, das
Kopi­er- und Faxgerät sowie die Ver­sicherun­gen aufkom­men müssen. Die
damit ver­bun­de­nen Kosten schätzte das Oberg­ericht in Anwen­dung von Art. 99 Abs. 3 OR in Verbindung mit Art. 42 Abs. 2 OR auf einen Drit­tel des Hon­o­rars ein.

Das BGer bean­standet dies nicht. Ins­beson­dere ist die Anwen­dung von OR 42 in solchen Fällen zuläs­sig, denn der ent­gan­gene Gewinn berech­nete sich nach ver­tragswidriger­weise nicht erteil­ten Aufträ­gen — hier ist ein konkreter Beweis der ersparten Aufwen­dun­gen naturgemäss ausgeschlossen:

3.2.3 Ein Vorge­hen gestützt auf Art. 42 Abs. 2 OR
wäre nur dann unzuläs­sig, wenn Aufwen­dun­gen des Beschwerdeführers
konkret bewiesen wer­den kön­nten. Es ist indessen unbe­strit­ten, dass dem
Beschw­erde­führer während des ganzen Zeitraums keine Aufträge erteilt
wur­den und er somit keine nach­weis­baren Geste­hungskosten im Hin­blick auf
die Auf­tragsaus­führung hat­te. Der Aufwand für den Fall, dass ihm
Arbeit­en über­tra­gen wor­den wären, musste daher gestützt auf Art. 42 Abs. 2 OR geschätzt werden.