2C_1031/2012: Biologisch Tochter aber rechtlich Nichte — keine Befreiung von der Erbschaftssteuer

A wurde 1943 während der Ehe von Ehe­mann B und Ehe­frau C geboren und galt damit kraft Ehe­lichkeitsver­mu­tung als Tochter des B.

Im Sep­tem­ber 2007 beantragte A dem BGer, es sei festzustellen, dass B nicht ihr Vater sei. Das BGer befand let­ztin­stan­zlich, A habe die Klage ver­spätet ein­gere­icht, wom­it B der rechtliche Vater von A blieb. Das BGer hielt aber fest, A habe gle­ich­wohl einen Anspruch auf Ken­nt­nis des biol­o­gis­chen Vaters. Es stellte sich her­aus, dass D (Brud­er des B) der Vater von A war.

D ver­starb 2008 und set­zte A und deren Schwest­er als Haupterbin­nen ein. Das Steuer­amt AG ver­an­lagte in der Folge A als Nichte ihres biol­o­gis­chen Vaters und erhob die entsprechende Erbschaftssteuer.

A ver­langte vor den kan­tonalen Instanzen und vor BGer, als Tochter ver­an­lagt und von der Erb­schaftss­teuer befre­it zu werden.

Im Entscheid wies das BGer den Antrag ab, namentlich aus den fol­gen­den Gründen.

(E. 4.2) Wie das Bun­des­gericht in BGE 134 III 241 fest­stellte, hat die Beschw­erde­führerin die Vater­schaftsver­mu­tung nicht rechtzeit­ig ange­focht­en; zivil­rechtlich gese­hen bleibt sie das Kind von B., weil dieser zur Zeit der Empfäng­nis mit ihrer Mut­ter ver­heiratet war; zwis­chen ihr und ihrem biol­o­gis­chen Vater D. beste­ht kein rechtlich­es Kindsver­hält­nis. In Anknüp­fung an den zivil­rechtlichen Ver­wandtschafts­be­griff kann die Beschw­erde­führerin daher wed­er als Nachkomme des Erblassers im Sinne von § 142 Abs. 3 StG/AG noch als auf andere Weise mit diesem ver­wandt gel­ten. Sie fällt — wie die Vorin­stanz willkür­frei annehmen durfte — unter die Kat­e­gorie der “weit­eren steuerpflichti­gen Per­so­n­en” gemäss § 147 Abs. 2 StG/AG (Klasse 3). Auch diese Fol­gerung der Vorin­stanz ste­ht in Übere­in­stim­mung mit der bun­des­gerichtlichen Prax­is [Zitate].

(E. 4.3) Die Beschw­erde­führerin (trotz ihrer biol­o­gis­chen Abstam­mung vom Erblass­er) wie einen ent­fer­n­teren Ver­wandten zu besteuern, erweist sich auch im Ergeb­nis nicht als stossend. Zunächst schafft die zivil­rechtliche Anknüp­fung klare Ver­hält­nisse und dient insofern der Rechtssicher­heit. Sodann trafen die Beschw­erde­führerin zu Lebzeit­en ihres leib­lichen Vaters auch nicht die Pflicht­en, die sich aus einem Kindsver­hält­nis ergeben, etwa die ver­wandtschaftliche Unter­stützungspflicht gemäss Art. 328 f. ZGB. Ins­beson­dere stünde die Sub­sum­tion von Beziehun­gen wie der­jeni­gen der Beschw­erde­führerin zu ihrem biol­o­gis­chen Vater auch im Wider­spruch zu den Wer­tun­gen, die der Geset­zge­ber der Regelung von § 142 III StG AG zugrunde gelegt hat. Nach dieser Bes­tim­mung sind näm­lich neben den Ver­mö­gen­san­fällen bei Nachkom­men auch solche bei Stiefkindern, bei Pflegekindern mit min­destens zwei­jährigem Pflegev­er­hält­nis und bei einge­tra­ge­nen Part­ner­in­nen bzw. Part­nern steuer­frei. Der Geset­zge­ber wollte dieses Priv­i­leg dem­nach — wie die Vorin­stanz willkür­frei her­leit­et — nur dann gewähren, wenn zwis­chen Erbe und Erblass­er eine Beziehung bestand, die in aller Regel auf einem sozialen (Eltern/Kind-)Verhältnis grün­det. Aus den vorin­stan­zlichen Akten ist ein solch­es zwis­chen der Beschw­erde­führerin und ihrem biol­o­gis­chen Vater nicht doku­men­tiert, sodass sich eine Steuer­be­freiung auch unter diesem Blick­winkel nicht auf­drängt. Schliesslich ist für den vor­liegen­den Fall nicht von Belang, dass die Beschw­erde­führerin das Erbe ihres zivil­rechtlichen Vaters offen­bar aus­geschla­gen hat.