4A_366/2011: “nackte” Vollstreckbarerklärung (hier: einer Freezing Order mit “Angel Bell”) auch bei freiwilliger Umsetzung der Freezing Order

Das BGer kassiert ein Urteil des OGer ZH im Zusam­men­hang mit der LugÜ-Voll­streck­ung. Das OGer hat­te die Voll­streck­barkeit ein­er englis­chen Freez­ing Order (Mare­va Injunc­tion) zwar grund­sät­zlich bejaht:

Die Vorin­stanz erwog weit­er, es sei unter den genan­nten Voraus­set­zun­gen im All­ge­meinen von der Voll­streck­barkeit ein­er englis­chen Freez­ing Injunc­tion auszuge­hen; dies auch dann, wenn eine solche mit ein­er sog. “Angel Bell” verse­hen sei, d.h. ein­er Anord­nung, die es dem Betrof­fe­nen erlaubt, pro Woche einen bes­timmten Betrag für die nor­malen Leben­shal­tungskosten sowie eine angemessene Summe für rechtlichen Rat und rechtliche Vertre­tung auszugeben.

Jedoch fehle es im vor­liegen­den Fall an einem Rechtss­chutz­in­ter­esse:

Ein Rechtss­chutz­in­ter­esse, so die Vorin­stanz weit­er, fehle grund­sät­zlich im Falle der “nack­ten” Voll­streck­bar­erk­lärung, d.h. wenn keine Voll­streck­ungs­mass­nah­men beantragt wor­den seien. Dies deshalb, weil die Block­ierung des in der Schweiz liegen­den Geldes bere­its bei der blossen Ken­nt­nis­gabe von der Exis­tenz ein­er Freez­ing Order an die hiesi­gen Banken “de fac­to” erre­icht werde und die Voll­streck­bar­erk­lärung somit keine weit­erge­hen­den Fol­gen auslöse.

 Das BGer macht mit dieser Auf­fas­sung kurzen Prozess:

Die Erwä­gung der Vorin­stanz, wonach ein Rechtss­chutz­in­ter­esse an ein­er Voll­streck­bar­erk­lärung grund­sät­zlich fehle, wenn nicht gle­ichzeit­ig Voll­streck­ungs­mass­nah­men beantragt wor­den sind, ist mit den Bes­tim­mungen von Art. 31 ff. aLugÜ nicht vere­in­bar. Wie die Beschw­erde­führerin­nen zutr­e­f­fend vor­brin­gen, ver­langt das Lugano-Übereinkom­men ger­ade nicht, dass zusam­men mit ein­er Voll­streck­bar­erk­lärung stets auch Voll­streck­ungs­mass­nah­men beantragt werden. 

Das BGer hält weit­er fest, dass die frei­willige Umset­zung eines aus­ländis­chen Urteils der Voll­streck­bar­erk­lärung nicht ent­ge­gen­ste­ht:

Im Übri­gen geht der Ein­wand der Vorin­stanz, die Block­ierung des in der Schweiz liegen­den Geldes werde bere­its mit der blossen Ken­nt­nis­gabe von der Exis­tenz ein­er Freez­ing Order an die Banken “de fac­to” erre­icht und die Voll­streck­bar­erk­lärung löse somit keine weit­erge­hen­den Fol­gen aus, an der Sache vor­bei. Zweck der Voll­streck­bar­erk­lärung ist es ger­ade, dem aus­ländis­chen Entscheid alle Wirkun­gen eines inländis­chen Voll­streck­ungsti­tels zu ver­lei­hen. Der Umstand, dass bes­timmten im aus­ländis­chen Urteil enthal­te­nen Anord­nun­gen wom­öglich bere­its frei­willig (d.h. ohne Zwangsvoll­streck­ung) nachgelebt wird, ste­ht der Voll­streck­bar­erk­lärung nicht entgegen.