4A_346/2011: gerechtfertigte fristlose Kündigung nach Anmassung der Zeichnungsberechtigung

Das BGer wertet in einem Urteil mehr oder weniger en pas­sant eine Anmas­sung der Zeich­nungs­berech­ti­gung für die Arbeit­ge­berin durch einen Arbeit­nehmer als “krassen Treue­bruch”, der eine frist­lose Kündi­gung recht­fer­tigt, im Wesentlichen mit fol­gen­der Begründung:

Die frist­lose Ent­las­sung ist […] gerecht­fer­tigt, wenn der Arbeit­nehmer durch sein Ver­hal­ten bezeugt, dass er bere­it ist, gegenüber Drit­ten die Einge­hung ein­er namhaften finanziellen Verpflich­tung durch den Arbeit­ge­ber vorzutäuschen.

Hin­ter­grund war fol­gen­des Verhalten:

Der Beschw­erde­führer hat zur Anmel­dung für eine Weit­er­bil­dung ein For­mu­lar benutzt, das er ein­er­seits als Teil­nehmer unterze­ich­nete. Das For­mu­lar enthält eine Rubrik “Arbeit­ge­ber”, in welch­er der Beschw­erde­führer hand­schriftlich die Beschw­erdegeg­ner­in aufge­führt hat. Diese Rubrik wird mit dem Hin­weis “Bitte unter­schreiben lassen, falls die Aus­bil­dung vom Arbeit­ge­ber bezahlt wird” ein­geleit­et und endet mit der Rubrik “Rechts­gültige Unterschrift(en) des Arbeit­nehmers”. Daneben brachte der Beschw­erde­führer den Fir­men­stem­pel der Beschw­erdegeg­ner­in an und seine Unter­schrift. Mit dieser wird gemäss For­mu­lar bestätigt, dass der Arbeit­ge­ber die Aus­bil­dung in der Höhe von Fr. 6’800.– bezahlt, die Ver­trags­bes­tim­mungen zur Ken­nt­nis genom­men hat und damit ein­ver­standen ist. Der Beschw­erde­führer ist nicht für die Beschw­erdegeg­ner­in zeichnungsberechtigt.

Dies genügte, um eine frist­lose Ent­las­sung zu rechtfertigen:

Mit diesem Ver­hal­ten erweck­te der Beschw­erde­führer den Anschein, die Beschw­erdegeg­ner­in verpflichte sich zur Bezahlung des Kurs­geldes von Fr. 6’800.–, wobei er sich eine Zeich­nungs­berech­ti­gung für die Beschw­erdegeg­ner­in anmasste. Darin durfte die Vorin­stanz bun­desrecht­skon­form einen krassen Treue­bruch erblicken.

Das BGer begrün­det sein Urteil im Einzel­nen wie folgt:

[Der Arbeit­nehmer] set­zte [die Arbeit­ge­berin] damit dem Risiko aus, dass der Ver­anstal­ter der Weit­er­bil­dung sich für die Begle­ichung der Kurskosten zunächst an sie wen­den würde. Sie hätte sich dies­falls in der unan­genehmen und ihrem Anse­hen nicht zuträgliche Lage befun­den, erläutern zu müssen, dass sich ein­er ihrer Mitar­beit­er eine Zeich­nungs­berech­ti­gung ange­masst hat­te. Das Ver­hal­ten des Beschw­erde­führers war geeignet, das Ver­trauen des Arbeit­ge­bers in die Loy­al­ität des Arbeit­nehmers nach­haltig zu zer­stören. Ob tat­säch­lich eine Schädi­gung des Arbeit­ge­bers ein­tritt, ist mit Blick auf die Frage, ob dem Arbeit­ge­ber die Fort­set­zung des Arbeitsver­hält­niss­es zuzu­muten ist, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Beschw­erde­führers nicht auss­chlaggebend. Die frist­lose Ent­las­sung ist auch gerecht­fer­tigt, wenn der Arbeit­nehmer durch sein Ver­hal­ten bezeugt, dass er bere­it ist, gegenüber Drit­ten die Einge­hung ein­er namhaften finanziellen Verpflich­tung durch den Arbeit­ge­ber vorzutäuschen. Von ein­er Bagatelle kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Beschw­erde­führers nicht gesprochen wer­den. Wenn die Vorin­stanz in diesem Ver­hal­ten einen krassen Treue­bruch erblick­te, welch­er die frist­lose Ent­las­sung zu recht­fer­ti­gen ver­mochte, ver­stiess sie im Ergeb­nis nicht gegen Art. 337 OR. Ob auch die übri­gen von der Beschw­erdegeg­ner­in vorge­bracht­en Ver­hal­tensweisen einzeln oder in ihrer Gesamtheit eine frist­lose Ent­las­sung gerecht­fer­tigt hät­ten, braucht bei dieser Sach­lage nicht geprüft zu wer­den. Fest ste­ht jeden­falls, dass der Beschw­erde­führer der Dar­lehens­forderung keine Ansprüche aus ungerecht­fer­tigter frist­los­er Ent­las­sung ent­ge­gen­hal­ten kann.