6B_79/2011: Betrügerischer Konkurs, Veruntreuung und Abgabenbetrug

Das Bun­des­gericht heisst eine Beschw­erde gegen die Verurteilung u.a. wegen mehrfachen betrügerischen Konkurs­es, mehrfach­er Verun­treu­ung und mehrfachen Abgaben­be­trugs teil­weise gut (Urteil 6B_79/2011 vom 5. August 2011).

Im Hin­blick auf den betrügerischen Konkurs gemäss Art. 163 Ziff. 1 StGB wird die Vorin­stanz durch das Bun­des­gericht bestätigt:

4.3 Der Beschw­erde­führer ent­zog der A. AG zum Schein Aktiv­en, indem er durch die ange­blich bere­its vor der Konkurs­eröff­nung abgeschlosse­nen Verträge vortäuschte, die A. AG sei nicht mehr Eigen­tümerin der darin aufge­führten Fahrzeuge, Ein­rich­tun­gen und Lagerbestände bzw. die Forderun­gen der A. AG gegenüber der D. AG bestün­den nicht mehr, wom­it diese der Konkurs­masse ent­zo­gen gewe­sen wären und die übri­gen Gläu­biger einen Ver­lust ihres Haf­tungssub­strats erlit­ten hät­ten. Der Beschw­erde­führer han­delte gemäss der willkür­freien Fest­stel­lung der Vorin­stanz im Bewusst­sein, dass er die (übri­gen) Gläu­biger der A. AG durch seine Hand­lungsweise im Konkurs benachteili­gen oder gar schädi­gen kön­nte, und war mit diesem Erfolg für den Fall, dass er ein­tritt, ein­ver­standen. […] Uner­he­blich ist, ob aus den Verträ­gen gle­ichzeit­ig eine Ver­min­derung der Pas­siv­en resul­tierte, da die hier zu beurteilen­den Konkurs­de­lik­te nicht die konkur­site Gesellschaft, son­dern deren Gläu­biger schützen, welche geschädigt sind, wenn der Konkurs­masse zum Vorteil einzel­ner (der Gesellschaft oder deren Orga­nen nah­este­hen­der) Gläu­biger Aktiv­en zum Schein ent­zo­gen werden.

Bezüglich der mehrfachen Verun­treu­ung gemäss Art. 138 Ziff. 1 StGB sieht das Bun­des­gericht den sub­jek­tiv­en Tatbe­stand ent­ge­gen dem Beschw­erde­führer als gegeben an: 

5.5.2 Die Ver­wen­dung nach Kündi­gung oder Ablauf des Leas­ingver­trags stellt nicht zwin­gend eine Verun­treu­ung dar. Die Weit­er­be­nutzung kann aber tatbe­standsmäs­sig sein, wenn zusät­zlich zur Nicht-Rück­gabe weit­ere Fak­toren hinzutreten, die den Schluss zulassen, der Leas­ingnehmer habe eine dauernde Enteig­nung des Leas­ingge­bers gewollt oder zumin­d­est im Sinne eines even­tu­alvorsät­zlichen Han­delns (vgl. Art. 12 Abs. 2 Satz 2 StGB) für möglich gehal­ten und in Kauf genom­men. Ein Wille zur dauern­den Enteig­nung kann sich etwa daraus ergeben, dass der Leas­ingnehmer sich weigert, das Fahrzeug dem Leas­ingge­ber nach Ver­tragsablauf zurück­zugeben und dessen Eigen­tum­srechte bestre­it­et, oder das Eigen­tum des Berechtigten gegenüber einem Drit­ten zumin­d­est kon­klu­dent leugnet (Urteil 6B_827/2010 vom 24. Jan­u­ar 2011 E. 5.5 mit Hinweisen).
5.5.3 Der Beschw­erde­führer gab die vier Fahrzeuge nach der durch die Leas­ingge­berin man­gels Bezahlung der Leas­in­grat­en erfol­gten vorzeit­i­gen Kündi­gung nicht innert der ange­set­zten Frist […] zurück. Vielmehr wandte er sich […] an das M. Cen­ter, welch­es die Fahrzeuge zum Verkauf anbot. Unter diesen Umstän­den durfte die Vorin­stanz klar­erweise von einem Aneig­nungswillen des Beschw­erde­führers aus­ge­hen. […] Uner­he­blich ist, ob zwis­chen der A. AG und dem M. Cen­ter ein gültiger Kom­mis­sionsver­trag zus­tande kam, da ein Wille zum Verkauf der Fahrzeuge auch in ein­er Offerte zum Abschluss eines Kom­mis­sionsver­trags bzw. im Antrag ein­er solchen Offerte zum Aus­druck kom­men kann.

Hin­sichtlich des Abgaben­be­trugs gemäss Art. 14 Abs. 2 i.V.m. Art. 6 VStrR gibt das Bun­des­gericht dem Beschw­erde­führer, der die Schw­erverkehrsab­gaben (LSVA) nicht an die Eid­genös­sis­che Ober­zolldirek­tion (OZD) gezahlt hat, recht:

6.4.1 […] Nicht der Steuer- oder Abgabehin­terziehung straf­bar macht sich grund­sät­zlich, wer die ord­nungs­gemäss deklar­i­erte und ver­an­lagte Steuer bzw. Abgabe nicht (frist­gerecht) bezahlt und vom Staat im Umfang der ausste­hen­den Steuer­forderung betrieben wer­den muss.
6.4.5 Nicht straf­bar im Sinne von Art. 20 SVAG macht sich nach dem Gesagten, wer als Fahrzeughal­ter lediglich die ord­nungs­gemäss deklar­i­erte und ver­an­lagte LSVA nicht begle­icht. Entsprechend ent­fällt in solchen Fällen man­gels ein­er Steuer­hin­terziehung auch der Tatbe­stand des Abgabe­be­trugs von Art. 14 Abs. 2 VStrR. Die Vorin­stanz ver­let­zt Bun­desrecht, soweit sie einen Abgabe­be­trug im Sinne von Art. 14 Abs. 2 VStrR mit der Begrün­dung für erfüllt annimmt, der Beschw­erde­führer (als fak­tis­ches Organ) habe die OZD über die Zahlungs­fähigkeit und den Zahlungswillen der O. SA getäuscht.

Allerd­ings hat der Beschw­erde­führer durch die Errich­tung von steuer­priv­i­legierten Dom­izilge­sellschaften (in der Schweiz) über den abgabepflichti­gen Hal­ter getäuscht:

6.5.1 Eine arglistige Täuschung der OZD durch den Beschw­erde­führer muss vor­liegend unter Umstän­den hinge­gen in Bezug auf die Hal­tereigen­schaft bejaht werden.
6.5.3 Wohl ist die Errich­tung von steuer­priv­i­legierten Dom­izilge­sellschaften (in der Schweiz) nach herrschen­der Lehre und Recht­sprechung für sich gese­hen noch nicht arglistig (vgl. Urteil 1A.244/2002 vom 24. Okto­ber 2003 E. 5.1 mit Hin­weisen). Beson­dere Machen­schaften und damit ein arglistiges Ver­hal­ten müssen hinge­gen bejaht wer­den, wenn die Dom­izilge­sellschaft einzig zum Zwecke gegrün­det wird, die steuer­rechtlich rel­e­van­ten Ver­hält­nisse zu ver­schleiern und die Steuer­be­hörde zu täuschen, soweit die Täuschung für diese nur schw­er durch­schaubar ist. Dies muss bejaht wer­den, wenn zusät­zlich zur Ein­schal­tung der Dom­izilge­sellschaft weit­ere täuschende Ele­mente hinzutreten, die nur schw­er durch­schaut wer­den kön­nen (vgl. Urteil 1A.244/2002 vom 24. Okto­ber 2003 E. 5). Davon scheint die Vorin­stanz an sich zutr­e­f­fend auszuge­hen, da der Beschw­erde­führer als fak­tis­ches Organ der Dom­izilge­sellschaft nicht in Erschei­n­ung trat, son­dern eine ihm nah­este­hende Per­son (ohne jegliche Entschei­dungs­befug­nis) im Han­del­sreg­is­ter als Organ vorschob, und auf der Kor­re­spon­denz der O. SA an die OZD wahrheitswidrig der Absender Lugano angegeben wurde. Damit ver­schleierte er bewusst seine Verbindung zur O. SA und den Umstand, dass es sich bei dieser um eine Gesellschaft ohne eigentliche unternehmerische Tätigkeit han­delte, um eine kri­tis­che Über­prü­fung der Hal­tereigen­schaft durch die OZD zu verhindern.

Das Bun­des­gericht weist die Sache zur erneuten Prü­fung und Entschei­dung – unter Berück­sich­ti­gung des Anklageprinzips – an die Vorin­stanz zurück.