4A_162/2011: Kein Anspruch auf nachträgliche Durchführung einer zweiten mündlichen Schiedsverhandlung und Zeugeneinvernahme

Mit Entscheid 4_162/2011 vom 20. Juli 2011 wies das Bun­des­gericht die Beschw­erde des gekündigten Chef­train­ers der jamaikanis­chen National­mannschaft gegen den Schied­sentscheid des Tri­bunal Arbi­tral du Sport (TAS) vom 2. Feb­ru­ar 2011 ab.

Der Beschw­erde­führer rügte mitunter eine Ver­let­zung des rechtlichen Gehörs sowie des Grund­satzes der Gle­ich­be­hand­lung der Parteien (Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG) durch das Schieds­gericht, weil es ange­blich der Beschw­erdegeg­ner­in, die Jamaican Foot­ball Fed­er­a­tion, zu ein­er bes­timmten Frage Gele­gen­heit zur nachträglichen Vor­lage weit­er­er Beweis­mit­tel gegeben habe, während es dem Beschw­erde­führer zum gle­ichen The­ma eine zusät­zliche Bewe­is­führung in Form ein­er Zeu­gen­be­fra­gung des ehe­ma­li­gen Präsi­den­ten der Beschw­erdegeg­ner­in ver­wehrt habe. Der Beschw­erde­führer argu­men­tierte, dass das Schieds­gericht dem Beschw­erde­führer nicht das ver­weigern dürfe (nachträgliche Nen­nung von Beweis­mit­teln; nachträgliche Benen­nung eines weit­eren Zeu­gen), was es der anderen Partei in der gle­ichen Sit­u­a­tion soeben zuge­s­tanden habe. Mit der Ablehnung des Antrags auf Durch­führung ein­er zweit­en mündlichen Ver­hand­lung und Ein­ver­nahme des ehe­ma­li­gen Präsi­den­ten der Beschw­erdegeg­ner­in als Zeuge habe das TAS den Anspruch des Beschw­erde­führers auf Gle­ich­be­hand­lung sowie den Anspruch auf rechtlich­es Gehör verletzt.

Das Bun­des­gericht wies zunächst den Vor­wurf der Gehörsver­let­zung ab. Es erk­lärte, dass ein Anspruch auf Beweis­ab­nahme nur beste­ht, sofern der Beweisantrag rechtzeit­ig und for­mgültig erfol­gt sei (BGE 119 II 386 E. 1b S. 389). Der Antrag des Beschw­erde­führers auf Ein­ver­nahme eines neuen Zeu­gen sei dage­gen nach den auf das Schiedsver­fahren anwend­baren Ver­fahrens­bes­tim­mungen ver­spätet erfol­gt. Das Schieds­gericht habe daher den Gehör­sanspruch des Beschw­erde­führers nicht ver­let­zt, als es den ver­spätet gestell­ten Antrag auf Zeu­genein­ver­nahme gestützt auf Artikel R55 und R56 des TAS Code abwies.

Das Bun­des­gericht erblick­te im Vorge­hen des Schieds­gerichts auch keine Ver­let­zung des Grund­satzes der Gle­ich­be­hand­lung der Parteien. Das Bun­des­gericht präzisierte, dass das Schieds­gericht die Beschw­erdegeg­ner­in aufge­fordert habe, genau umschrieben Doku­mente einzure­ichen und sich zu bes­timmten Medi­en­mit­teilun­gen zu äussern. Ent­ge­gen der Darstel­lung des Beschw­erde­führers sei die Beschw­erdegeg­ner­in nicht dazu ein­ge­laden wor­den, beliebige neue Beweis­mit­tel einzure­ichen oder gar neue Beweis­mass­nah­men in Form von Zeu­genein­ver­nah­men zu beantra­gen. Entsprechend habe der Grund­satz der Gle­ich­be­hand­lung der Parteien nicht geboten, jeglichen neuen Beweisanträ­gen des Beschw­erde­führers, so ins­beson­dere dem Antrag auf Ein­ver­nahme eines neuen Zeu­gen, stattzugeben, geschweige denn, eine zweite mündliche Ver­hand­lung durchzuführen.

Sodann hielt das Bun­des­gericht fest (E.2.3.3):

Die Begrün­dung im ange­focht­e­nen Entscheid für die Abweisung des Beweisantrags, dass näm­lich gemäss Artikel R55 des TAS Code Zeu­gen in der Appel­la­tion­sant­wort zu benen­nen sind und der Beschw­erde­führer wed­er in sein­er Appel­la­tion­sant­wort noch auf aus­drück­liche Auf­forderung des Schieds­gerichts vom 30. Juni 2010 im Hin­blick auf die mündliche Ver­hand­lung hin die Ein­ver­nahme von Y.________ ver­langt und sich im Übri­gen auch in sein­er Eingabe vom 14. Dezem­ber 2010 nicht auf ausseror­dentliche Umstände für eine nachträgliche Zulas­sung von Beweisanträ­gen gemäss Artikel R56 des TAS Code berufen habe, ver­let­zt die zwin­gen­den Ver­fahrens­grund­sätze von Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG nicht.