6B_39/2011: Widerhandlung gegen das AuG (amtl. Publ.)

In dem für die amtliche Samm­lung vorge­se­henen Urteil 6B_39/2011 vom 10. Juni 2011 bestätigt das Bun­des­gericht seine Recht­sprechung zur Beschäf­ti­gung von Aus­län­derin­nen ohne Bewil­li­gung. Dieses Delikt war bis zum Inkraft­treten des neuen Aus­län­derge­set­zes in Art. 23 Abs. 4 aANAG geregelt und find­et sich sei­ther in Art. 117 Abs. 1 AuG. Diesen Tatbe­stand erfüllte nach früherem Recht der Betreiber eines Etab­lisse­ments, der für dessen Infra­struk­tur zuständig war und entsch­ied, welche Aus­län­derin­nen im Etab­lisse­ment als Pros­ti­tu­ierte arbeit­en kon­nten (BGE 128 IV 170 E. 4.2). Diese Ausle­gung hat laut Bun­des­gericht auch Bestand für das neue Recht, so dass unverän­dert von einem weit­en, fak­tis­chen Arbeit­ge­ber­be­griff auszuge­hen ist.

Im vor­liegen­den Fall war der Beschw­erde­führer in Anbe­tra­cht des engen Zusam­men­hangs zwis­chen sein­er Funk­tion als Geschäfts­führer der Ein­rich­tung und der Tätigkeit der Pros­ti­tu­ierten im Sauna­club auch als Arbeit­ge­ber im Sinne von Art. 117 Abs. 1 AuG anzuse­hen, der die aus­ländis­chen Frauen beschäftigte:

1.4.2 Ent­ge­gen der Mei­n­ung des Beschw­erde­führers sieht das Bun­des­gericht das Beschäf­ti­gungsver­hält­nis beziehungsweise die Arbeit­ge­ber­stel­lung im Sinne des Aus­län­der­rechts nicht nur dann als gegeben an, wenn die Aus­län­derin einen Teil ihrer Ein­nah­men aus der Pros­ti­tu­tion dem Betreiber des Clubs abgeben muss und der Geschäfts­führer seinen Zulas­sungsentscheid von der Umsatzer­wartung der Aus­län­derin abhängig macht. […]
1.4.4 Uner­he­blich ist, dass der Beschw­erde­führer den Frauen kein­er­lei Weisun­gen betr­e­f­fend die Arbeit­szeit, die Anzahl der zu bedi­enen­den Kun­den, die Art der zu erbrin­gen­den Dien­stleis­tun­gen etc. erteilte und die Frauen darüber sel­ber bes­tim­men kon­nten. Eine solche Weisungs­befug­nis, bei deren Ausübung der Beschw­erde­führer im Übri­gen Gefahr liefe, wegen Förderung der Pros­ti­tu­tion (Art. 195 Abs. 3 StGB) ver­fol­gt zu wer­den, ist zur Begrün­dung eines Beschäf­ti­gungsver­hält­niss­es beziehungsweise der Arbeit­ge­ber­stel­lung im Sinne der Aus­län­derge­set­zge­bung nicht erforder­lich (siehe BGE 128 IV 170 E. 4.2 mit Hinweisen).

Fern­er war in casu die Abgren­zung zwis­chen Art. 117 Abs. 1 AuG (Beschäf­ti­gung von Aus­län­dern ohne Bewil­li­gung) und Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG (Förderung der rechtswidri­gen Ein­reise und des rechtswidri­gen Aufen­thalts) zu klären, die sich ger­ade auch beim Betreiben von Etab­lisse­ments im Sexgewerbe als schwierig gestal­tet, wenn ein­er­seits Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG auch auf das Erle­ichtern und Fördern ille­galer Erwerb­stätigkeit Anwen­dung find­et und ander­er­seits der Begriff des Arbeit­ge­bers im Sinne von Art. 117 Abs. 1 AuG weit aus­gelegt wird:

1.5.2 […] Es beste­ht indessen kein Grund, in Anbe­tra­cht des im Aus­län­derge­setz neu geschaf­fe­nen Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG, der im früheren Recht (aANAG) keine Entsprechung hat­te, den Begriff des Arbeit­ge­bers in Art. 117 Abs. 1 AuG abwe­ichend von der Prax­is zur entsprechen­den Bes­tim­mung des früheren Rechts (Art. 23 Abs. 4 aANAG) enger auszule­gen mit der Folge, dass das Betreiben von Etab­lisse­ments der in BGE 128 IV 170 beurteil­ten Art nicht den Tatbe­stand von Art. 117 Abs. 1 AuG (entsprechend Art. 23 Abs. 4 aANAG) erfüllt, son­dern allen­falls als Förderung oder Erle­ichterung ein­er ille­galen Erwerb­stätigkeit unter den Anwen­dungs­bere­ich von Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG fällt.