5A_883/2010 + 5A_887/2010: (Nicht) anfechtbarer Entscheid; Erbteilung

Im Rah­men eines Erbteilung­sprozess­es, in dem zwei Beschw­er­den gegen die vorin­stan­zliche Abweisung ver­schieden­er Begehren auf Aus­gle­ichung von lebzeit­i­gen Zuwen­dun­gen und Zuweisung bes­timmter Ver­mö­genswerte einge­bracht wor­den waren, hat­te das Bun­des­gericht im Urteil vom 18. April 2011 (vere­inigte Ver­fahren 5A_883/2010 und 5A_887/2010) zu klären, wann ein anfecht­bar­er Entscheid gemäss Art. 90 ff. BGG vorliegt.

Das Bun­des­gericht weist in E. 3 zunächst darauf hin, dass Rück­weisungsentschei­de das Ver­fahren nicht abschliessen und deshalb nicht als Endentschei­de, son­dern als blosse Zwis­ch­enentschei­de gel­ten – es sei denn, der Instanz, an die die Sache zurück­gewiesen wird, verbleibt kein Entschei­dungsspiel­raum und die Rück­weisung dient lediglich der Umset­zung des kan­ton­al let­ztin­stan­zlich Ange­ord­neten (vgl. BGE 135 V 141 E. 1.1 S. 143). Es ist dem­nach jew­eils zu prüfen, ob die mit dem Rück­weisungsentscheid kan­ton­al let­ztin­stan­zlich entsch­iede­nen Stre­it­punk­te als Teilentschei­de im Sinn von Art. 91 BGG oder als Vor- und Zwis­ch­enentschei­de gemäss Art. 92 f. BGG selb­st­ständig mit Beschw­erde ange­focht­en wer­den kön­nen (vgl. BGE 135 III 212 E. 1.2 S. 216 ff.u nd 329 E. 1.2 S. 331 ff.).

Teilentscheid ist gemäss Art. 91 BGG der Entscheid, der nur einen Teil der gestell­ten Begehren behan­delt, wenn diese Begehren unab­hängig von den anderen beurteilt wer­den kön­nen (lit. a), oder das Ver­fahren nur für einen Teil der Stre­itgenossen und Stre­itgenossin­nen abschliesst (lit. b). Es war also zu prüfen, ob ein Endentscheid für einen Teil der Begehren oder für einen Teil der Parteien vorlag.

4.1 […] Ein Entscheid, der nur einen Teil der gestell­ten Begehren behan­delt, ist nur dann ein anfecht­bar­er Teilentscheid, wenn diese Begehren unab­hängig von den anderen beurteilt wer­den kön­nen. Unab­hängigkeit ist zum einen so zu ver­ste­hen, dass die gehäuften Begehren auch Gegen­stand eines eige­nen Prozess­es hät­ten bilden kön­nen. Zum anderen erfordert die Unab­hängigkeit, dass der ange­focht­ene Entscheid einen Teil des gesamten Prozess­ge­gen­stands abschliessend beurteilt, so dass keine Gefahr beste­ht, dass das Schlus­surteil über den verbliebe­nen Prozess­ge­gen­stand im Wider­spruch zum bere­its recht­skräftig aus­ge­fäll­ten Teil­urteil ste­ht (vgl. BGE 135 III 212 E. 1.2.2 und 1.2.3 S. 217). Die Voraus­set­zun­gen dürften bei ver­bun­de­nen erbrechtlichen Kla­gen häu­fig erfüllt sein. So ist das Urteil über die Ungültigkeit­sklage im Rah­men des Ungültigkeits- und Her­ab­set­zung­sprozess­es […] als Teilentscheid anfecht­bar (Urteil 5A_12/2009 vom 25. März 2009 E. 1 […]). Entschei­de über blosse Grund­satzfra­gen sind hinge­gen keine Teilentschei­de, son­dern als Zwis­ch­enentschei­de im Sinne von Art. 93 BGG zu betra­cht­en (all­ge­mein: BGE 136 II 165 E. 1.1 S. 170 […]).
4.2 Ob die beurteil­ten Begehren auch Gegen­stand eines eige­nen Prozess­es hät­ten bilden kön­nen, hängt davon ab, ob an ihrer Beurteilung ein schutzwürdi­ges Inter­esse beste­ht. Namentlich mit Bezug auf die Aus­gle­ichungsklage hat die Recht­sprechung fest­ge­hal­ten, dass es zwei aufeinan­der­fol­gende Prozesse, von denen notwendi­ger­weise erst der zweite die Erbteilung her­beizuführen ver­mag, grund­sät­zlich zu ver­mei­den gilt. Eine von der Erbteilungsklage getren­nte Behand­lung lässt sich recht­fer­ti­gen, wenn sich die Parteien in einem Erbteilungsver­trag über die übri­gen Stre­it­punk­te geeinigt haben oder nach dem Urteil über die Aus­gle­ichungspflicht mit hoher Wahrschein­lichkeit zu eini­gen ver­mö­gen (vgl. BGE 123 III 49 E. 1b S. 52 f. […]).

Zu prüfen war schliesslich, ob ein beschw­erde­fähiger Vor- und Zwis­ch­enentscheid gemäss Art. 92 f. BGG vorlag.

5. […] Der Fall von Art. 92 BGG schei­det dabei aus, da es nicht um Fra­gen der Zuständigkeit oder des Aus­standes geht. Gegen andere selb­ständig eröffnete Vor- und Zwis­ch­enentschei­de ist die Beschw­erde gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zuläs­sig, wenn sie einen nicht wieder gutzu­machen­den Nachteil bewirken kön­nen (lit. a) oder wenn die Gutheis­sung der Beschw­erde sofort einen Endentscheid her­beiführen und damit einen bedeu­ten­den Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläu­figes Beweisver­fahren ers­paren würde (lit. b) […] (vgl. BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170; 136 IV 92 E. 4 S. 95 ).

Hier waren die Voraus­set­zun­gen nicht erfüllt, weil das Bun­des­gericht keinen Endentscheid zur Erledi­gung des Ver­fahrens hätte fällen kön­nen und kein nicht wieder gutzu­machen­der Nachteil dro­hte. Auf die Beschw­er­den wurde daher nicht eingetreten.