2C_885/2010: Interessenkonflikt eines Anwalts bejaht (Doppelvertretung)

Ein Anwalt (Anwalt 1) ver­trat in einem Schei­dungsver­fahren die Ehe­frau vertreten. Der geg­ner­ische Ehe­mann hat­te einen Pri­vat­de­tek­tiv mit Abklärun­gen betr. seine Ehe­frau beauf­tragt. Zwis­chen dem Ehe­mann und dem Pri­vat­de­tek­tiv ent­bran­nte daraufhin ein Stre­it über die Hon­o­rar­forderung des Detek­tivs. In diesem Hon­o­rarstre­it ver­trat Anwalt 2, ein Kan­zleikol­lege des Anwalts 1, den Detek­tiv gegen den Ehemann.

Das BGer fasst seine Recht­sprechung zu Inter­essenkon­flik­ten iSv BGFA 12 c zusam­men. Unter anderen beschlägt das Ver­bot eines Anwalts, eine Vertre­tung wahrzunehmen, auch seine Kan­zleikol­le­gen (schon BGE 135 II 145).

Das BGer hält sodann fest, dass hier die konkrete Gefahr eines Inter­essenkon­flik­ts — Tatbe­stand­se­le­ment von BGFA 12 c — vor­lag. Die Vertre­tung des Detek­tivs durch Anwalt 2 erforderte eine Auseinan­der­set­zung mit dessen Arbeit und begrün­dete eine dreifache Gefahr:

  • dem Ehe­mann seine Ehe­frau betr­e­f­fende Tat­sachen zur Ken­nt­nis zu brin­gen und ihm so einen Vorteil im Schei­dungsver­fahren zu ver­schaffe, und 
  • dem Anwalt 1 (der Ehe­frau) die Erken­nt­nissse des Detek­tivs zugänglich zu machen, und 
  • durch die Vertre­tung des Detek­tivs die Akti­va des Ehe­manns, seines Auf­tragge­bers, zu ver­min­dern und dadurch den finanziellen Erfolg der Ehe­frau im Schei­dungsver­fahren zu schmälern.

Ob sich diese Gefahr ver­wirk­lichte, ist ohne Bedeu­tung; die konkrete Gefahr genügt.