6B_743/2010: (Keine) Befangenheit wegen Zeitungslektüre und Näheverhältnissen

Ein Beschw­erde­führer machte vor dem Bun­des­gericht gel­tend, der Oberg­ericht­spräsi­dent und die Ober­richter des Oberg­erichts Nid­walden seien vor­ein­genom­men und befan­gen gewe­sen, wodurch sein Anspruchs auf ein unab­hängiges und unpartei­is­ches Gericht nach Art. 30 Abs. 1 BV ver­let­zt wor­den sei. Zur Begrün­dung brachte er in sein­er Beschw­erde vor, (1) die vorin­stan­zlichen Richter hät­ten vor der Appel­la­tionsver­hand­lung einen ihn vorverurteilen­den Zeitungsar­tikel gekan­nt sowie (2) die Lebenspart­ner­in des Recht­san­waltes eines Beschw­erdegeg­n­ers sei die geschiedene Ehe­frau des Oberg­ericht­spräsi­den­ten und die geschiedene Ehe­frau des­sel­ben geg­ner­ischen Recht­san­walts arbeite auf der Gerichtskanzlei.

Das Bun­des­gericht lehnt diese aben­teuer­liche Argu­men­ta­tion mit Urteil vom 13. Dezem­ber 2010 (6B_743/2010) ab. Es musste hier die erste Frage zwar nicht entschei­den, hält es aber für „ohne­hin fraglich, ob die Lek­türe eines einzi­gen Zeitungsar­tikels, selb­st wenn dieser vorverurteilend sein sollte, bere­its den Anschein der Befan­gen­heit zu erweck­en ver­mag“ (E. 2.3 unter Hin­weis auf BGE 116 Ia 14 E. 7b und 7c S. 22 ff.). Der zweite Punkt wird gän­zlich ver­wor­fen, denn die dargelegten Umstände seien „bei objek­tiv­er Betra­ch­tung wed­er einzeln noch gesamthaft geeignet, Mis­strauen in die Unparteilichkeit bzw. Unbe­fan­gen­heit der Ober­richter bzw. des Oberg­ericht­spräsi­den­ten zu erweck­en“ (E. 2.4.2).