4A_638/2009: Verwirkung von Urheberrechten und Feststellungsinteresse (amtl. Publ.)

Der Chemiein­ge­nieur Chris­t­ian de Sieben­thal war von 1978 bis 2001 war beim den Gen­fer Brand- und Zivilschutz (“SIS”) angestellt, wobei seine Auf­gabe u.a. darin bestand, den Guide Orange, ein (hier für CHF 725 zu bestel­len­des) Verze­ich­nis gefährlich­er Stoffe und entsprechen­der Schutz­mass­nah­men, zu erstellen. Der Guide Orange wurde 1985, 1992 und 2003 neu aufgelegt, wobei seine Urfas­sung auf einen Entwurf eines früheren Leit­ers des SIS zurückging.

Als de Sieben­thal 2004 erfuhr, dass die Her­aus­gabe und Ver­w­er­tung des Guide Orange einem Drit­ten anver­traut wer­den sollte, ver­langte er vom Kom­man­dan­ten des SIS, den Guide Orange auf eigene Rech­nung und als Inhab­er der Urhe­ber­rechte weit­er­führen zu dür­fen. Nach­dem die Stadt Genf dieses Begehren abgelehnt hat­te, klagte de Sieben­thal schliesslich auf Fest­stel­lung sein­er Urhe­bereigen­schaft iSv URG 61. Die Vorin­stanzen wiesen die Klage ab. Das BGer heisst die Beschw­erde dage­gen teil­weise gut.

Strit­tig war zunächst die Ver­wirkung der Urhe­ber­rechte. Nach der Recht­sprechung kön­nen Imma­te­ri­al­güter­rechte bei verzögert­er Ausübung nach ZGB 2 II ver­wirken (zB 4C.371/2005, E. 3.1), falls eine Rechtsver­let­zung während län­ger­er Zeit wider­spruch­s­los geduldet wurde und der Ver­let­zer in dieser Zeit eine schutzwürdi­ge Posi­tion erlangt hat. Allerd­ings kann eine solche Ver­wirkung nur eine Leis­tungsklage (URG 62) erfassen; im Rah­men der Fest­stel­lungsklage ist nur das Fest­stel­lungsin­ter­esse zu prüfen. Der Zeitablauf kann in diesem Zusam­men­hang aber den­noch berück­sichtigt wer­den, indem das Fest­stel­lungsin­ter­esse bei verzögert­er Recht­sausübung ent­fall­en kann. Vor­liegend traf das indessen nicht zu: Die langjährige Untätigkeit de Sieben­thals fiel nicht in Gewicht, da der SIS die Urhe­ber­schaft bis anhin nie beansprucht hat­te und daher nie ein Anlass zur Klage bestanden hat­te. Zeitablauf allein kann nicht zum Weg­fall des Fest­stel­lungsin­ter­ess­es führen, weil der Anspruch auf Anerken­nung der Urhe­bereigen­schaft ein Per­sön­lichkeit­srecht ist und daher untrennbar mit der Per­son ver­bun­den bleibt

Mit Bezug auf die Urhe­ber­schaft de Sieben­thals war unbe­strit­ten, dass der Guide Orange Werkeigen­schaft iSv URG 2 besitzt. Die Vorin­stanz hat­te die Urhe­ber­schaft aber verneint, weil de Sieben­thal lediglich auf Anweisung seines Vorge­set­zten und daher ohne eige­nen schöpferischen Beitrag gehan­delt habe. Das BGer weist dieses Argu­ment zurück, weil sich aus den Akten nichts der­gle­ichen ergab. De Sieben­thal war daher als Miturhe­ber anzuerkennen.