6B_839/2009: Strafzumessung, Geldstrafe statt Freiheitsstrafe

Das Bun­des­gericht hat mit Urteil vom 16. Feb­ru­ar 2010 (6B_839/2009) eine Beschw­erde gut­ge­heis­sen, die sich u.a. gegen die Aus­fäl­lung ein­er Frei­heitsstrafe anstatt ein­er Geld­strafe richtete. Die Vorin­stanz hat­te den Beschw­erde­führer, nach­dem dieser in der ersten Instanz freige­sprochen wor­den war, wegen Verun­treu­ung gemäss Art. 138 Ziff. 1 StGB zu ein­er Frei­heitsstrafe zu neun Monat­en verurteilt.

Das Bun­des­gericht legte den vorin­stan­zlich fest­gestell­ten Sachver­halt zugrunde (E.1):

P. ver­traute Q. drei ihm gehörende Sport­wa­gen zum Verkauf an. Dieser gab den Auf­trag dem Beschw­erde­führer weit­er, was P. akzep­tierte. Der Beschw­erde­führer verkaufte die drei Sport­wa­gen zu einem Gesamt­preis von Fr. 107’500 […]. Später wurde der Ver­trag insofern geän­dert, als der Beschw­erde­führer beauf­tragt wurde, mit dem Verkauf­ser­lös einen Fer­rari 512 BB zu beschaf­fen. Nicht erstellt ist, ob dieses Fahrzeug aus dem Verkauf­ser­lös tat­säch­lich erwor­ben wurde. Unbe­strit­ten ist hinge­gen, dass der Beschw­erde­führer bis heute wed­er den Erlös aus dem Verkauf der drei Sport­wa­gen noch ein Ein­tausch-/Er­satz­fahrzeug her­aus­gegeben oder son­st irgen­deine Zahlung an P. geleis­tet hat.

Hin­sichtlich der Wahl der Stra­fart bei Strafen von sechs Monat­en bis zu einem Jahr hält das Bun­des­gericht fest, dass der Vorin­stanz ein Ermessen zustehe:

3.4 […] Mit Blick auf die bun­des­gerichtliche Recht­sprechung hat sie konkret zu prüfen und auch zu begrün­den, weshalb im Einzelfall eine Geld­strafe unzweck­mäs­sig und stattdessen eine Frei­heitsstrafe auszus­prechen ist. Die Begrün­dungspflicht reicht nicht soweit, wie dies Art. 41 Abs. 2 StGB hin­sichtlich der Aus­fäl­lung kurz­er Frei­heitsstrafen unter sechs Monat­en ver­langt. Allerd­ings soll­ten die Beweg­gründe des Gerichts für die eine oder andere Sank­tions­form aus dem Urteil ersichtlich sein.

3.3 […] Im Vorder­grund ste­ht dabei […] die Geld­strafe. Das ergibt sich aus dem Prinzip der Ver­hält­nis­mäs­sigkeit, wonach bei alter­na­tiv zur Ver­fü­gung ste­hen­den Sank­tio­nen im Regelfall diejenige gewählt wer­den soll, die weniger stark in die per­sön­liche Frei­heit des Betrof­fe­nen ein­greift bzw. die ihn am wenig­sten hart trifft. Bei der Wahl der Sank­tion­sart sind als wichtige Kri­te­rien die Zweck­mäs­sigkeit ein­er bes­timmten Sank­tion, ihre Auswirkun­gen auf den Täter und sein soziales Umfeld sowie ihre präven­tive Effizienz zu berück­sichti­gen (BGE 134 IV 97 E. 4.2.2; 134 IV 82 E. 4.1 […]).

Diesen Anforderun­gen hat die Vorin­stanz laut Bun­des­gericht im vor­liegen­den Fall nicht genügt, als sie aus­führte, “angesichts des Ver­schuldens des Beschw­erde­führers falle einzig eine Frei­heitsstrafe in Betracht”:

3.5 […] Das Ver­schulden ver­mag allerd­ings für sich alleine nicht die Aus­fäl­lung ein­er Frei­heitsstrafe zu begrün­den, da dieses bei ein­er Sank­tion bis zu einem Jahr auch mit­tels Geld­strafe abge­golten wer­den kön­nte. Auch die übri­gen von der Vorin­stanz ange­führten Umstände, dass sich der Beschw­erde­führer bis heute weigerte, über die für P. getätigten Verkäufe und Käufe abzurech­nen und die finanziellen Ausstände zu begle­ichen sowie der hohe Delik­ts­be­trag und die erneute Delin­quenz zu Beginn der laufend­en Probezeit stellen keine Begrün­dungse­le­mente dar, die anstelle ein­er Geld­strafe eine Frei­heitsstrafe gebi­eten. Vielmehr bee­in­flussen diese Punk­te das Straf­mass. Die fehlende Begrün­dung fällt umso mehr ins Gewicht, als erstin­stan­zlich ein Freis­pruch erfol­gte und daher keine Begrün­dung zur Aus­fäl­lung ein­er Frei­heitsstrafe erforder­lich war.

Schliesslich müsse sich die Vorin­stanz, so erwägt das Bun­des­gericht weit­er, im Rah­men der Strafzumes­sung mit dem Vor­brin­gen des Beschw­erde­führers auseinan­der­set­zen, dass er als allein­erziehen­der Vater eines siebzehn­jähri­gen Sohnes ein­er erhöht­en Strafempfind­lichkeit unter­liege. (E. 3.6)