4A_21/2008: Unerlaubte Handlung & Geldwäscherei (zur amtl. Publ. vorgesehen)

In einem aktuellen, zur amtlichen Pub­lika­tion vorge­se­henen Entscheid hat­te sich das Bun­des­gericht mit der Wider­rechtlichkeit von Ver­mö­genss­chädi­gun­gen auseinanderzusetzen.

Das Gericht äusserte sich soweit ersichtlich erst­mals einge­hend (vgl. BGE 133 III 323: Wider­rechtlichkeit jeden­falls nicht, wenn der sub­jek­tive Tatbe­stand der Geld­wäsche nicht erfüllt ist) zur Frage, ob die Bes­tim­mungen des Geld­wäschereige­set­zes als Schutznor­men zur Begrün­dung ein­er delik­tis­chen Haf­tung dienen kön­nen (E. 4.1).

Das Bun­des­gericht entsch­ied, dass die Bes­tim­mungen des Geld­wäschereige­set­zes (GwG; SR 955.0) den Schutz der indi­vidu­ellen Ver­mö­gensin­ter­essen (des Opfers der Vor­tat, wie er sich aus Art. 305bis StGB ergibt) nicht erweit­ern. Die für einen ausserver­traglichen Haftpflich­tanspruch nach Art. 41 Abs. 1 OR erforder­liche Wider­rechtlichkeit lässt sich somit nicht unmit­tel­bar aus dem Ver­stoss gegen eine Sorgfalts- oder Ver­hal­tenspflicht nach GwG ableit­en.

Da im vor­liegen­den Fall keine vorsät­zlichen bzw. even­tu­alvorsät­zlichen Hand­lun­gen der Beschw­erdegeg­ner­in in Frage standen, fie­len Art. 305bis StGB und Art. 305ter StGB als Schutznor­men i.S.v. Art. 41 Abs. 1 OR auss­er Betra­cht (E. 5).

Aus prozes­sualer Hin­sicht äusserte sich das Bun­des­gericht (erneut) zur Frage der Notwendigkeit eines (materiellen) Antrags (E.1) sowie zum Ver­hält­nis des Grund­satzes ‘iura novit curia’ zur Begrün­dungspflicht (E. 2).

Zunächst weist das Bun­des­gericht auf die Recht­sprechung hin, wonach der Tatbe­stand der Geld­wäscherei (Art. 305bis StGB) in den­jeni­gen Fällen, in denen die Ver­mö­genswerte aus Strat­tat­en gegen Indi­vid­u­al­in­ter­essen her­rühren, auch die Ver­mö­gensin­ter­essen der durch die Vor­tat Geschädigten schützt (E. 3.1). Die Vorin­stanz (Han­dels­gericht des Kan­tons Zürich) verneinte dabei die Wider­rechtlichkeit unter dem Gesicht­spunkt von Art. 305bis StGB mit der Begrün­dung, dass es der Beschw­erdegeg­ner­in bzw. deren Mitar­beit­ern am Vor­satz zur Geld­wäscherei i.S.v. Art. 305bis StGB fehlte (E. 3.2). Das Bun­des­gericht schützte diese Ausle­gung und hielt fern­er fest, dass bei Fehlen des sub­jek­tiv­en Tatbe­stands der Geld­wäscherei nach Art. 305bis StGB auch eine delik­tis­che Haf­tung nach Art. 41 Abs. 1 OR auss­er Betra­cht fällt (E. 3.2).

Eine fahrläs­sig began­gene Geld­wäscherei­hand­lung, die entsprechend nicht mit Strafe bedro­ht ist, ver­mag keine Wider­rechtlichkeit im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR zu begründen (…).

Fern­er befasste sich das Bun­des­gericht mit der Frage, ob Bes­tim­mungen des Geld­wäschereige­set­zes als Schutznor­men im Rah­men ein­er delik­tis­chen Haf­tung dienen kön­nen (E. 4). Die Lehre zu dieser Frage ist geteilt. Das Bun­des­gericht erwog, dass die Erre­ichung der Ziele des Geld­wäschereige­set­zes den Finanz­in­ter­mediären beson­dere Sorgfalts- und Ver­hal­tenspflicht­en bei Finanzgeschäften aufer­legt (E. 4.2). Dabei sollen aber die Bes­tim­mungen des Geld­wäschereige­set­zes die Integrität des schweiz­erischen Finanz­platzes schützen und nicht den Schutz indi­vidu­eller Ver­mö­gensin­ter­essen bezweck­en (E. 4.3).

Das Bun­des­gericht kommt zum Schluss, dass 

(d)as Geld­wäschereige­setz (…) den sich aus Art. 305bis StGB ergeben­den Schutz der Indi­vid­u­al­in­ter­ssen des Opfers der straf­baren Vor­tat nicht (erweit­ert) (…). Es han­delt sich bei den Bes­tim­mungen des GwG nicht um Ver­hal­tensnor­men, die unmit­tel­bar dem Schutz vor entsprechen­den Schädi­gun­gen dienen. Dem­nach lassen sich die Bes­tim­mungen des GwG nicht als Schutznor­men zur Begrün­dung ein­er ausserver­traglichen Haf­tung nach Art. 41 OR her­anziehen (E. 4.3).

Han­delt der Finanz­in­ter­mediär dage­gen vorsät­zlich oder even­tu­alvorsät­zlich i.S.v. Art. 305bis StGB, ist von ein­er unter­laubten Hand­lung auszuge­hen und der Finanz­in­ter­mediär wird für den schuld­haft zuge­fügten Schaden ersatzpflichtig (E. 4.4).

Im erwäh­n­ten Entscheid hat­te das Bun­des­gericht fern­er die Gele­gen­heit, Aus­führun­gen zu prozes­sualen Aspek­ten der Beschw­erde­führung anzubrin­gen (E. 1 und E. 2).

Zum einen wies das Bun­des­gericht (erneut) darauf hin, dass die Beschw­erde­schrift neben dem Rechts­begehren auch einen konkreten Antrag enthal­ten muss. Der Beschw­erde­führer darf sich nicht darauf beschränken, die blosse Aufhe­bung des ange­focht­e­nen Entschei­ds zu beantra­gen, son­dern muss einen Antrag in der Sache stellen. In der Regel ist ein materieller Antrag erforder­lich; Rück­weisungsanträge an die Vorin­stanz oder blosse Aufhe­bungsanträge genü­gen grund­sät­zlich nicht und machen die Beschw­erde unzuläs­sig. Blosse Rück­weisungsanträge sind demge­genüber aus­nahm­sweise dann zuläs­sig, wenn das Bun­des­gericht im Falle der Gutheis­sung der Sache nicht selb­st entschei­den kön­nte, etwa weil die erforder­lichen Sacher­halts­fest­stel­lun­gen der Vorin­stanz fehlen (E. 1).

Desweit­eren äusserte sich das Bun­des­gericht zum Ver­hält­nis des Grund­satzes iura novit curia (Art. 106 Abs. 1 BGG) zur all­ge­meinen Begrün­dungspflicht der Beschw­erde (Art. 42 Abs. 1/Abs. 2 BGG).

Immer­hin prüft das Bun­des­gericht, unter Berück­sich­ti­gung der all­ge­meinen Begrün­dungspflicht der Beschw­erde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grund­sät­zlich nur die gel­tend gemacht­en Rügen, sofern die rechtlichen Män­gel nicht ger­adezu offen­sichtlich sind. Es ist jeden­falls nicht gehal­ten, wie eine erstin­stan­zliche Behörde alle sich stel­len­den rechtlichen Fra­gen zu unter­suchen, wenn diese vor Bun­des­gericht nicht mehr vor­ge­tra­gen werden …