U 612/06: Hinunterklettern von einem Balkon als Wagnis

Der Begriff des Wag­niss­es ist nicht auf Sportun­fälle beschränkt; auch Ver­hal­tensweisen ausser­halb des Sports kön­nen als Wag­nis iSv UVV 50 qual­i­fiziert wer­den. Hier qual­i­fiziert das BGer das Hin­un­ter­steigen von einem Balkon als Wagnis.

4.1.2 Nach eige­nen Angaben wollte die Ver­sicherte — um ihren Fre­und zu ängsti­gen — nachts gegen 22 Uhr vom Balkon ihrer Woh­nung aus dem Pfos­ten ent­lang in die Tiefe klet­tern. Die dabei zu über­windende Höhen­dif­ferenz hätte etwa sechs Meter betra­gen. Die alko­holisierte Beschw­erde­führerin hat sich durch Über­steigen der Brüs­tung ihres Balkons im zweit­en Obergeschoss ein­er erhe­blichen Gefahr aus­ge­set­zt, welche sich in der Folge auch ver­wirk­licht hat. Ein schützenswert­er Grund für dieses Ver­hal­ten ist nicht ersichtlich. Die Ver­sicherte anerken­nt denn auch, dass kein vernün­ftiger Men­sch, der seine Sinne kon­trol­lieren könne, sich so ver­halte. Die Hand­lung der Beschw­erde­führerin ist daher objek­tiv betra­chtet als Wag­nis zu qualifizieren.”

Dass die Ver­sicherte zum Unfal­lzeit­punkt einen Alko­holpegel von 1.8 Promille hat­te, änderte daran nichts — das Resul­tat ein­er Begutach­tung entsprach der
Faus­tregel, dass erst bei über drei Promillen eine voll­ständi­ge Unzurech­nungs­fähigkeit zu erwarten ist, und nach der Rsp. ist nur bei ein­er voll­ständi­gen Unzurech­nungs­fähigkeit auf eine Leis­tungskürzung wegen Einge­hens eines Wag­niss­es zu verzichten.